Das niedersächsische Ministerium für Inneres, Sport und Integration hat den ersten Preis für gute Gesetzgebung verliehen bekommen. Der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Gesetzgebung, der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Günter Krings, verlieh den mit 5.000 Euro dotierten Preis am Mittwoch, dem 1. Juli 2009, im Berliner Reichstagsgebäude. Den Preis nahmen für das Ministerium Staatssekretär Wolfgang Meyerding und Axel Vöhringer entgegen.
Als preiswürdig erschien der Jury die
Gesetzesfolgenabschätzung im Rahmen der Gesetzentwürfe
zur Verwaltungsmodernisierung in Niedersachsen, die das Ziel hatten
die Verwaltung schlanker und leistungsfähiger zu machen.
Günter Krings sah in der Gesetzesfolgenabschätzung einen
Impuls auch für die Arbeit des Deutschen Bundestages.
Insgesamt fünf Preise hatte die Deutsche Gesellschaft für Gesetzgebung in Zusammenarbeit mit der Kölner Stiftung Apfelbaum bei dieser zweiten Verleihung des "Preises für gute Gesetzgebung" zu vergeben. Der zweite Preis, mit 3.000 Euro dotiert, ging an das Bundesjustizministerium für das dort entwickelte "Gesetz zur Einführung von Kapitalanlegermusterverfahren“. Den dritten Preis, mit 2.000 Euro dotiert, verlieh die Gesellschaft an das Innenministerium Baden-Württemberg für dessen Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts.
Der – nicht dotierte – Ehrenpreis ging an den Deutschen
Juristentag, der im Jahr 2010 in Berlin sein 150-jähriges
Bestehen feiern wird. Der Kölner Rechtswissenschaftler Prof.
Dr. Martin Henssler nannte die Auszeichnung eine "Motivation
für das Jubiläum“. Dem Juristentag gehören
rund 6.000 Mitglieder aus allen juristischen Bereichen
an.
Der Juristentag wolle die Notwendigkeit von Änderungen und Ergänzungen des deutschen Rechts untersuchen und "ohne jeglichen Aktionismus“ auf Missstände hinweisen, sagte Günter Krings in seiner Laudatio. Henssler erwiderte, der Juristentag erkenne den Primat der Politik an und wolle sich für eine bessere Gesetzgebung engagieren.
Den mit 2.000 Euro dotierten Nachwuchspreis erhielt Diana
Walkinstik-man-alone von der Fachhochschule Nordhausen
(Thüringen) für ihre Bachelor-Arbeit
"Bürokratiekosten von Wirtschaft und Verwaltung aufgrund
gaststättenrechtlicher Vorschriften. Eine Analyse zur
Abschätzung der Folgen einer Reform des Gaststättenrechts
in Thüringen“.
Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert (CDU) wies in seiner Festansprache darauf hin, dass der Bundestag in den vergangenen vier Jahren die Gesamtzahl der Gesetze und Verordnungen um 16 Prozent verringert habe. Obwohl im gleichen Zeitraum 561 Gesetze verabschiedet worden seien, gebe es nun „etwas weniger Regulierung als vorher“.
Lammert erneuerte im Übrigen seine Kritik an zu häufigen
Änderungen des Grundgesetzes, das dadurch "weder effektiver
noch effizienter“ geworden sei. Die Funktion einer Verfassung
werde dadurch "immer mehr verunklart“, so der
Bundestagspräsident.
Im Interview mit der Wochenzeitung "Das Parlament" vom 29. Juni 2009 äußerte sich Dr. Günter Krings, der Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Gesetzgebung, zu den Erfordernissen und Schwierigkeiten einer "guten Gesetzgebung".
Herr Dr. Krings, Sie sind Vorsitzender der Deutschen
Gesellschaft für Gesetzgebung. Was ist daran reizvoll für
Sie?
Ich denke, dass uns im Bundestag nicht nur Praxis gut tut, sondern auch Wissenschaft im Sinne einer kritischen Reflexion über das, was wir tun. Genau das bietet der Verein. Wir versuchen, die Qualität der Gesetzgebung zu beeinflussen. Im ersten Schritt bedeutet das, die Qualität zu analysieren und Mängel herauszuarbeiten: Warum sind Gesetze manchmal zu lang und zu kompliziert oder müssen so oft nachgebessert werden? Dazu kann die auch an unseren Hochschulen etwas stiefmütterlich behandelte Gesetzgebungslehre einen wichtigen Beitrag leisten. Wir lernen als Juristen zwar, Gesetze anzuwenden, aber sehr selten, wie man sie macht und wie man sie besser machen kann.
"Gute Gesetzgebung" klingt nach
Selbstverständlichkeit. Wieso wird ein Preis dafür
vergeben?
Der Bessere ist immer der Feind des Guten. Der Standard deutscher Gesetzgebung im internationalen Vergleich ist sicher nicht schlecht. Aber: Es gibt Mängel. Durch den Preis wollen wir darauf aufmerksam machen, dass wir besser werden können.
Was sind zentrale Merkmale von "guter Gesetzgebung"?
Ein Gesetz muss zunächst für den professionellen Rechtsanwender verständlich sein. Aber auch ein Laie sollte in der Lage sein, die Botschaft eines Gesetzes mitzunehmen. Wir leiden darunter, dass wir oft aktionistisch Gesetze machen und auf konkrete Probleme mit sehr isolierten Regelungen antworten, ohne auf die Integration in das gesamte Rechtssystem zu achten. Und wir müssen die langfristigen Folgen von Gesetzen stärker beachten.
Welche Rolle spielt dabei der Bundestag?
Der eigentliche Gesetzgeber, der die Sacharbeit leistet, ist inzwischen die Exekutive. Aber der Bundestag ist derjenige, der letztlich ein Gesetz maßgeblich inhaltlich umgestalten kann. Es ist durchaus an der Tagesordnung, dass Entwürfe der Regierung deutlich verändert werden. Aber es ist natürlich schwer, aus einem schon verkorksten Gesetzentwurf ein gutes Gesetz zu machen. Und man muss selbstkritisch sagen, dass aufgrund politischer Kompromisse Gesetze verkompliziert werden. Wenn der Bundestag regelmäßig die Einhaltung der Kriterien für gute Gesetze von der Bundesregierung verlangen würde, hätte dies sicher eine selbstdisziplinierende Wirkung auf die Exekutive.
Sollte man im Bundestag eine Normprüfungsstelle
einrichten?
Der Normenkontrollrat ist ein Erfolgsmodell, weil er als unabhängige Stelle prüft, ob Bürokratiekosten angemessen berücksichtigt sind. Ich hätte nichts dagegen, wenn er auch Gesetzentwürfe aus der Mitte des Bundestage überprüfen würde. Man braucht ihn aber nicht zweimal.