"Mitglied im ersten gesamtdeutschen Parlament", das sei das Schönste, was man sich vorstellen könne als Bundestagsabgeordneter, resümiert Horst Friedrich (FDP) seine fünf aktiv miterlebten Legislaturperioden: "Das ist einzigartig, das kann einem keiner nehmen." Der damals Vierzigjährige stand im Jahr 1990 auf Platz acht der bayerischen FDP-Landesliste und war "für viele überraschend" in den Bundestag gekommen. Aber nicht nur für den Mann aus Bayreuth waren diese ersten der neunziger Jahre "einmalig".
Da gab es "für kurze Zeit eine Auflösung der Blöcke
– auch in Deutschland, das war eine Ära des Aufbruchs
und des Änderns". Es habe einzigartige
Gestaltungsmöglichkeiten gegeben. Auch im Verkehrsbereich, in
dem sich der 58-Jährige als Mitglied des Ausschusses für
Verkehr, Bau und Stadtentwicklung immer engagiert hat.
Für einige überraschend wird er nun das Hohe Haus auch wieder verlassen. Mit knapp 60 soll es aber nicht gleich "ganz auf Null gehen". Schon vor einer Weile gab es ein Angebot aus der Wirtschaft mit der Chance, künftig zumindest ruhiger voranzugehen "als in der Politik mit sieben Tagen die Woche und 80 bis 100 Stunden".
Passend sei auch gewesen, dass ein junger Mann aus der gemeinsamen
Arbeitsgruppe sich für die Nachfolge als MdB gut eingearbeitet
habe. Und schließlich sei daheim gerade der Umbau des Hauses
fertig geworden. "Es hat sich alles sehr glücklich
gefügt", sagt Friedrich. Er habe gelernt aufzuhören,
"wenn man auf der Höhe des Erfolges ist".
Und im Übrigen höre es sich ja auch viel besser an, wenn es heiße: "Schade, das er schon aufhört" als "Gott sei Dank, jetzt geht er endlich". Sorge, in Bedeutungslosigkeit zu fallen, hat der Liberale ebenso wenig wie Ängste vor einer Rückkehr ins Ländliche. Friedrich freut sich vielmehr, etwas für sich tun zu können, ohne im Fokus zu stehen.
Auf dem Programm steht eine Fortbildung in Wirtschaftsenglisch bei
der Industrie- und Handelskammer (IHK) ebenso wie die ausgiebige
Beschäftigung mit dem heimischen Computer: "Damit ich nicht
immer bei meinem Sohn in München anrufen muss, wenn ich mal
ein Problem habe." Außerdem werde er auch in seinem neuen
Rahmen noch genug zu tun haben, um seiner Frau daheim nicht im Wege
zu stehen.
Sie, die 1990 quasi im Crashkurs lernen musste, alle Aufgaben von der kleinsten Banküberweisung über die Ummeldung von Kfz bis zur Elternvertretung in der Schule oder zur Vermittlung von Anfragen an den "Herrn Abgeordneten" zu übernehmen, hatte zunächst Gewöhnungsbedarf angemeldet, dass er nun wieder permanent zuhause sein würde.
Aber nun freue sie sich wohl doch, denn sie wolle beruflich
jedenfalls weniger tun, um die neue Gemeinsamkeit auch
genießen zu können. Reisen sind da wohl weniger ein
Thema als Radtouren, Garten, Oper oder Theater. Denn, so Friedrich,
"wir leben ja schließlich in einer Gegend, in der andere
gerne Urlaub machen".
Und dann sagt er doch noch etwas zum Reisen. Im Gegensatz zum vorherrschenden Klischee sei die Reisemöglichkeit von MdBs eher zu knapp bemessen. Als Vorsitzender der Deutsch-Japanischen Parlamentariergruppe habe er die Erfahrung gemacht, dass selbst beste Kommunikationsmedien den persönlichen Kontakt nicht aufwiegen.
Das gelte besonders für den asiatischen Raum. Und wenn es
heiße "Wozu? Wir haben doch keinerlei Probleme mit Japan",
dann könne er nur sagen: "Genau das ist das Problem. Gute
Beziehungen, um die man sich nicht kümmern muss,
verkümmern. Zum Nachteil beider Seiten."