Für den so genannten "Grauen Kapitalmarkt" sollen Regeln zum besseren Schutz der Anleger eingeführt werden. Darin waren sich alle Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch, 1. Juli 2009, zu einem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einig. Die Fraktion fordert, den Grauen Kapitalmarkt durch ein einheitliches Anlegerschutzniveau zu überwinden und kritisiert, dass dieser Markt mit geschlossenen Fonds und Phantasieprodukten wie Bankgarantiegeschäften und Depositendarlehen bei allen Regulierungsvorhaben des Kapitalmarktes unangetastet geblieben sei.
Zu dem Antrag der Grünen (
16/13402) sagte Rechtsanwalt Peter
Mattil, der Graue Kapitalmarkt sei für den Anleger
viel gefährlicher als der Wertpapiermarkt. Mattil vertritt
geschädigte Anleger. Anteile an geschlossenen Fonds
würden im Immobilien-, Medien- und Energiebereich verkauft.
Hinzu kämen Genussrechte und stille Beteiligungen, die als
"sichere Kapitalanlage“ und Ergänzung der Altersvorsorge
angeboten würden.
Mattil wies darauf hin, dass Anlegern nicht nur der Totalverlust ihrer Gelder drohen könne. In solch einem Fall könnten sie in der Regel noch verklagt werden. Beim Einstieg in eine "Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ hafte der Anleger sogar mit seinem gesamten Vermögen.
Die Berater, die diese Produkte anbieten, wüssten in der Regel
gar nicht, welche Risiken für die Kunden damit verbunden
seien. Nach Angaben des Wirtschaftsjournalisten Stefan
Loipfinger sind auf dem Markt neben gut geschulten
Beratern auch Leute zu finden, "die gerade aus dem Knast entlassen
worden sind, wo sie eine Haftstrafe wegen Betruges abgesessen
haben“.
Mattil forderte wie andere Sachverständige eine Ausbildung und Prüfung der Berater, die zudem eine Erlaubnis für ihre Tätigkeit haben müssten. Die Produkte des Grauen Kapitalmarktes müssten in den Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes und des Wertpapierhandelsgesetzes einbezogen werden.
Auch nach Ansicht von Prof. Dr. Hans-Peter
Schwintowski (Humboldt-Universität Berlin) sollten
Anteile an geschlossenen Fonds in den Anwendungsbereich dieser
Gesetze fallen, denn aus Sicht des Anlegers seien Information,
Beratung und Dokumentation gerade bei Anteilen an geschlossenen
Fonds von essenzieller Bedeutung.
Nach Angaben der Kanzlei Nieding und Barth gibt es eine große Zahl von Betrugsformen. So gebe es "schwindelhafte Gesellschaftsgründungen“. Der Zweck dieser Firmen bleibe in der Regel undurchsichtig. Der Sinn von Beteiligungen an atypisch stillen Gesellschaften bestehe oft nur darin, Geld von Anlegern einzutreiben. Es gebe außerdem einen vorgetäuschten Handel mit Bankgarantien, fingierte Devisenspekulationen und betrügerische Scheck- und Wechselprogramme.
Eine der gefährlichsten und aggressivsten Verkaufstechniken
für betrügerische Produkte sei das Telefonmarketing. Dass
die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BaFin) nur die
Prospekte, nicht aber das Finanzprodukt materiell prüfe, sei
ein großes Problem, hieß es.
Ein Vertreter der BaFin erklärte, eine inhaltliche Prüfung der auf dem Grauen Markt angebotenen Produkte durch seine Behörde sei unter den gegenwärtigen rechtlichen und personellen Bedingungen nicht leistbar. Prof. Dr. Christoph Kaserer (Technische Universität München) sprach sich für die Einführung einer obligatorischen Berufshaftpflichtversicherung bei Finanzmaklern aus.
Kaserer hat aber Zweifel daran, dass eine Ausweitung des
Aufgabenkreises der BaFin zu einem verbesserten Anlegerschutz
führen würde. "Die Effektivität dieser Kontrolle ist
angesichts zahlreicher Anlegerentschädigungsfälle in
Zweifel zu ziehen. Auch die aktuelle Finanzmarktkrise kann nicht
als Beleg für eine besonders effektive Finanzmarktaufsicht
herangezogen werden“, so Kaserer in seiner Stellungnahme.
Die Deutsche Bundesbank forderte, die Anleger müssten etwaige Haftungsansprüche gegenüber Anbietern und Beratern auch durchsetzen können. Der "Verband geschlossene Fonds“ verwahrte sich gegen die Gleichstellung der verschiedensten Anlageformen.
Gerade geschlossene Fonds seien ein wichtiger Baustein für die
private Vermögensbildung. Der Verband sprach sich unter
anderem jedoch für eine Zulassungspflicht von Anbietern und
eine materielle Prüfung der Verkaufsprospekte aus.