Der Übergang von Behindertenwerkstätten in den ersten Arbeitsmarkt sollte noch stärker erleichtert werden. Zudem sollte das so genannte Persönliche Budget (PB), aus dem Menschen mit Behinderungen ihren individuellen Hilfebedarf finanzieren, auch ohne Anbindung an eine Werkstatt gewährt werden. So lauteten einige der Forderungen von Sachverständigen, die der Ausschuss für Arbeit und Soziales am Montag, 29. Juni 2009, zu einer Anhörung geladen hatte. Zur Diskussion stand ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in dem diese ein Gesamtkonzept zur beruflichen Teilhabe behinderter Menschen fordert.
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„Man muss in vollem Umfang unterstützen, dass Menschen
auch außerhalb von Werkstätten eine Förderung durch
das Persönliche Budget genießen können“,
sagte etwa Jürgen Spatz von der Bundesagentur
für Arbeit (BA) in der voraussichtlich letzten
öffentlichen Ausschusssitzung unter Vorsitz des mit der
Bundestagswahl aus dem Parlament ausscheidenden Gerald Weiß
(CDU/CSU).
Ähnlich argumentierte im Hinblick auf den Antrag der Grünen ( 16/11207) auch Anton Senner von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsfirmen. Eine Ausweitung des Persönlichen Budgets über die Werkstätten hinaus sei schon deshalb nötig, weil die Angebote der Werkstätten oft nicht zu den Bedürfnissen der Betroffenen passen würden. Sich jedoch an andere Träger zu wenden, scheitere an der Hürde der engen Anbindung des PB an die Werkstätten.
Andreas Bollmer, Vorsitzender der
Bundesvereinigung Werkstatträte, wies in diesem Zusammenhang
auf folgendes Problem hin: Die Antragsmodalitäten für das
Persönliche Budget seien sehr kompliziert, weshalb es auch
entsprechend wenig in Anspruch genommen werde. „Es ist
schön, Wunsch- und Wahlfreiheit zu haben. Aber man braucht
auch ein Korsett, an dem man sich ausrichten kann“, sagte
Bollmer.
Gegen die „Monopolstellung der Werkstätten“ sprach sich Jürgen Dürrschmidt, Politiker der Linken aus Sachsen, aus. Zwar sei hier in den vergangenen Jahren einiges geschehen, aber unabhängige Träger würden nicht im gleichen Maße gefördert wie Werkstätten. Ferner forderte er, Menschen mit Behinderungen nicht als Bittsteller zu betrachten, sondern ihnen den Status von Arbeitskräften zu geben. Andreas Bollmer ergänzte an diesem Punkt, dass wenn man Menschen diesen Status gewähre, sie dann auch die Möglichkeiten haben müssten, ihn voll nutzen zu können.
Für eine Öffnung der Werkstätten plädierte
Marlies Kawohl, Lehrbeauftragte an der Hochschule
Bremen. „Werkstätten müssen Dienstleister werden
und mehr Dienste als bisher auch ambulant anbieten“, forderte
sie. Es müsse möglich sein, pflege- oder
sozialpädagogische Leistungen „mitzunehmen“, wenn
man die Werkstatt verlässt. Kawohl wies aber auch auf die
Erfolge der vergangenen Jahre hin: „Werkstätten sind im
Umbruch.“ Sie müssten sich aber noch enger an den
Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen orientieren.