In seiner ersten Rede vor dem Deutschen Bundestag als Bundesaußenminister kündigte Dr. Guido Westerwelle (FDP) an, am bisherigen außenpolitischen Kurs festzuhalten. In der Aussprache zur Außen- und Sicherheitspolitik am Dienstag, 10. November 2009, waren außerdem Europa, Afghanistan und Entwicklungshilfe die beherrschenden Themen.
"Kontinuität in der Außenpolitik ist nicht mit Ideenlosigkeit gleichzusetzen", betonte Westerwelle und deutete an, auch eigene Akzente setzen zu wollen. So werde er sich dafür einsetzen, die Freundschaft zu östlichen Nachbarländern wie Polen ebenso zu vertiefen wie die Beziehungen zu kleineren europäischen Staaten wie den Benelux-Ländern.
Westerwelle lobte außerdem die "tiefe Freundschaft" zu Frankreich und bezeichnete die USA als "stärksten und treuesten Verbündeten Deutschlands" außerhalb Europas.
Die Opposition äußerte sich skeptisch darüber, ob die neue Regierung wirklich an der bisherigen außenpolitischen Linie festhalten werde. Dr. Gernot Erler (SPD) beklagte unter anderem die Haltung der Koalition zur Partnerschaft mit Russland und zur EU-Erweiterung um bestimmte Balkan-Länder.
Auch die SPD-Abgeordnete Dr. Angelica Schwall-Düren kritisierte die Europa-Politik von Union und FDP und forderte, den Aspekt des sozialen Zusammenhalts in Europa nicht außer Acht zu lassen. "Die Bürger sind nur für ein soziales Europa zu gewinnen", sagte sie.
Unterdessen lobte Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) den Vertrag von Lissabon als "Voraussetzung dafür, die europäischen und globalen Herausforderungen zu meistern". Deutschland und Frankreich sieht er dabei in der Pflicht, auch weiterhin die Rolle des Motors in der EU zu übernehmen. Einem Beitritt der Türkei erteilte er eine Absage.
Angesichts der jüngsten Äußerungen des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan, der den iranischen Präsidenten Ahmadinedschad als Freund der Türkei bezeichnete, stelle er sich die Frage, ob das Land überhaupt noch in die EU will.
Die "größte außenpolitische Aufgabe der nächsten vier Jahre" stellt laut Schockenhoff jedoch Afghanistan dar. Dr. Frithjof Schmidt (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Bundesregierung vor, dass man von ihr zu diesem Thema allerdings nur "dröhnendes Schweigen" höre und forderte Westerwelle sowie Verteidigungsminister Dr. Karl Theodor zu Guttenberg (CDU/CSU) auf, inhaltliche Vorschläge zu einem Abzug der Bundeswehr zu machen.
Jan van Aken (Die Linke) kritisierte den deutschen Einsatz am Hindukusch und forderte einen Stopp von Auslandseinsätzen der Bundeswehr. "Die Militarisierung der deutschen Außenpolitik zieht sich wie ein roter Faden durch den Koalitionsvertrag", sagte er.
Guttenberg lobte dagegen die Arbeit der deutschen Soldaten. Diese forderten zu Recht, dass ihr Einsatz realistisch dargestellt werde. In diesem Sinne betonte er, dass in Afghanistan zwar "kein klassischer Krieg" herrsche, in Teilen des Landes jedoch von einem Zustand eines "nicht internationalen bewaffneten Konflikts" gesprochen werden müsse.
Der Minister hält ein internationales Afghanistan-Konzept mit konkreten Ziel- und Zeitvorgaben für unumgänglich. Sobald die afghanische Regierung dazu in der Lage sei, so Guttenberg weiter, müsse ihr die Sicherheitsverantwortung übertragen werden.
Den kürzlich wiedergewählten afghanischen Präsidenten Karzai forderte er auf, in seiner Regierungserklärung "zu verdeutlichen, wie er der Verpflichtung zu guter Regierungsführung und dem Schutz der Menschenrechte nachkommen will".
Außerdem kündigte er an, er wolle die Bundeswehr noch stärker zu einer Einsatzarmee umwandeln. Dazu sei es geplant, eine Kommission einzuberufen, die bis Ende nächsten Jahres Vorschläge dazu erarbeiten soll.
Weiteres Thema der Aussprache war die Entwicklungszusammenarbeit. Diese sei mehr als nur Armutsbekämpfung, sagte Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP). Die neue Regierung stünde für faire Handelsbedingungen und soziale Verantwortung im globalen Sinne. Besonders hob Niebel jedoch den Klimaschutz hervor, der von seinem Ressort nicht mehr zu trennen sei und für den er sich ein höheres Maß an Zielgenauigkeit wünsche.
Heike Hänsel von der Linksfraktion kritisierte Niebel dafür, dass er "nicht einmal die menschliche Katastrophe von weltweit einer Milliarde Hungernden" erwähnt habe.