Nicole Bracht-Bendt (50) ist gelernte Tischlerin und neue Abgeordnete der FDP-Fraktion. Bis zum Jahr 2000 war die Mutter zweier Söhnen als parteilose Politikerin für die FDP im Gemeinderat des niedersächsischen Ortes Kakenstorf tätig, danach wurde sie Mitglied im Rat der Stadt Buchholz in der Nordheide und stellvertretende Ortsbürgermeisterin von Trelde. Nach fast zwölf Jahren in der Kommunalpolitik trat Nicole Bracht-Bendt 2005 in die FDP ein und kandidierte mutig erst für den Landtag, dann für den Bundestag - weil sie von der Basis Politik für die Menschen machen will.
Erstaunlich ist diese kurze, aber steile Parteikarriere nicht, wenn man die energiegeladene Abgeordnete erlebt. Ihr Motto "Nur wer sich einbringt, kann mitgestalten” scheint ihr auf den Leib geschneidert.
"Es gibt einfach zu wenig Frauen in der Politik, auch in der FDP. "Das liegt nicht immer an den Männern. Frauen sollten mehr Mut haben, festgefahrene Strukturen aufzubrechen. Ich weiß, dass man manchmal quer denken und neue Wege beschreiten muss, um ein Problem zu lösen", sagt Nicole Bracht-Bendt.
Politisch hat sich die Niedersächsin, die in der Betreuung behinderter Menschen aktiv ist, schon immer engagiert, nur eben nicht für eine Partei. Als Mutter von zwei Söhnen hat sie gelernt, das "Unternehmen Familie" zu führen. "Da muss man gut organisiert und eine Top-Managerin sein, um allem gerecht zu werden", sagt sie.
Angefangen hat ihre Politik-Karriere mit der Schulwegsicherung in ihrem Ort. Es fehlte eine Ampel auf einer Straße, die die Schulkinder täglich überqueren müssen. " Da hab ich mich als Mutter stark gemacht und dafür gekämpft, dass eine Ampel gesetzt wird. Die Kinder sollten sicher über diese Straße kommen", sagt Bracht-Bendt. "Als das geschafft war, habe ich gemerkt: Ich kann mit meinem Durchsetzungsvermögen etwas bewegen", fügt sie hinzu.
Nach diesem Erfolgserlebnis entschloss sie sich, für den Gemeinderat zu kandidieren, "weil der von Platzhirschen dominiert war". Nicole Bracht-Bendt sagte spontan: "Ich stelle mich als parteiloses Mitglied auf der Liste der FDP zur Wahl. Frauen entscheiden häufig aus einem anderen Blickwinkel. Und das ist gut so."
Obwohl ihr im Vorfeld der Gemeindratswahl einige Bürger sagten, als unbekannte Frau hätte sie kaum Chancen gewählt zu werden, wagte sie den Schritt auf die politische Bühne. Warnungen, dass sie als Zugezogene nicht das habe, was wichtig sei für jeden Kandidaten im Landkreis, nämlich Bauland, ließen sie nicht zurückschrecken. Im Gegenteil, nun war ihr Ehrgeiz erst recht angestachelt. Sie wollte beweisen, dass man mit Engagement und Überzeugungskraft etwas schaffen kann - entgegen der vorherrschenden Meinung.
Nicole Bracht-Bendt begann Wahlkampf zu machen. Das war im Landkreis damals nicht üblich. Die Kandidaten kennt man im Ort doch sowieso, war die landläufige Meinung. Sie erzählt: "Ich ließ Handzettel mit meiner Biografie in den Briefkästen verteilen und beklebte Woche für Woche die Plakate der FDP neu. Ich ging auf jede öffentliche Veranstaltung und stellte mich den Bürgern persönlich vor."
Sie machte Wahlkampf an der Basis, und das hat sich gelohnt. "Ich gewann einen Sitz im Gemeinderat - mit dem zweitbesten Wahlergebnis", sagt die Politikerin. 2001 zog sie in den Rat der Stadt Buchholz ein und wurde 2006 stellvertretende Ortsbürgermeisterin in Trelde - und das alles als Zugezogene.
"Die Entscheidung für eine Partei trifft man nur einmal"
Ihre Themen waren von Anfang an vorrangig Familie, Kinder und Jugend. "Weil die keine Lobby haben", wie sie sagt. Nicole Bracht-Bendt unterstützte die Ausweisung eines neuen Gewerbegebietes, und somit entstanden in Krakenstorf auch Ausbildungsplätze vor Ort. Neben der kommunalpolitischen Arbeit kümmert sie sich um Behinderte, die am meisten auf Hilfe angewiesen sind. So wuchs das Vertrauen der Bürger in ihre Arbeit.
2005 trat sie der FDP bei. Als junge Frau wollte sie schon einmal einer Partei beitreten und damals sagte ihr Vater: "Die Entscheidung für eine Partei trifft man nur einmal. Warte, bis Du etwas älter bist und überleg Dir diesen Schritt genau". Warum FDP? " Der liberale Grundgedanke und die Eigenverantwortung, die Menschen für sich übernehmen sollten, ist meine Überzeugung und das, was mich treibt", sagt Bracht-Bendt.
Eine Kandidatur für den Bundestag stand zunächst nicht zur Debatte. Als aber eine Kandidatin überraschend nicht mehr antrat und ein Listenplatz frei wurde, bat sie den Vorstand, den Platz besetzen zu dürfen. Sie wollte in Berlin die Interessen ihres Wahlkreises Harburg vertreten.
Außerdem war sie der Meinung, dass auf der Landesliste zu wenige Frauen waren. Sie erhielt breite Rückendeckung durch den Landes- und Bezirksvorstand. Am 27. September 2009 erzielte sie für die FDP das zweitbeste Erststimmen- und das beste Zweitstimmenergebnis in Niedersachsen und zog über die Landesliste in den Bundestag ein.
Was sie sich dort vorgenommen hat? Selbstverständlich eine gute Politik für die Menschen zu machen. Sie wurde in den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gewählt. Aufgabenbereiche, in denen sie schon viel Erfahrung hat.
Was ihr wichtig ist? Die Nähe zu den Menschen, den Kontakt zur Basis nicht zu verlieren. Die Kraft, den Politikalltag gut zu meistern, gibt ihr die Familie - ihr Mann und ihre bereits erwachsenen Söhne.
Die haben versprochen, sie auf den Boden zu holen, falls sie "abheben" sollte. "Politiker sollten authentisch sein, menschlich und engagiert", sagt Nicole Bracht-Bendt. Sie ist Tischlerin, aber sie ist nicht aus Holz, sondern eine Politikerin mit Herz und Verstand.