Berlin: (hib/WOL) Die Bundesregierung soll REACH als Chance für einen Paradigmenwechsel nutzen und Alternativmethoden anstelle von Tierversuchen ermöglichen. Dies fordert die CDU/CSU in einem Antrag ( 15/4656). Die Union legt dar, mit der neuen Chemikalienverordnung wolle die Europäische Kommission alle Chemikalien und damit ungefähr 30.000 aller in der EU produzierten Altstoffe von jährlich mehr als einer Tonne einer umfassenden Sicherheitsbewertung unterziehen. Herzstück der Regelung sei das so genannte REACH-System (Registration, Evaluation and Authorisation of Chemicals). Mit REACH soll ein stufenweise ansteigendes, vorrangig an die Produktionsmenge des jeweiligen Stoffes gekoppeltes Sicherheitssystem dargestellt werden. Die Einführung von REACH in der derzeitigen Fassung würde zu einer starken Zunahme von gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuchen führen, heißt es in dem Antrag. So gehe eine vom britischen Umweltministerium veröffentlichte Studie der Universität Leicester und über 12 Millionen benötigten Tieren aus. Nicht zuletzt aufgrund dieser Studienergebnisse sei in den ursprünglichen Kommissionsvorschlag eine Reihe von Verbesserungen für den Tierschutz eingearbeitet worden. Die Bandbreite der damit zur Verfügung stehenden anerkannten Ersatz- und Ergänzungsmethoden werde im EU-Kommissionsentwurf aber nach wie vor nicht vollständig genutzt.
Auch eine im August 2004 veröffentlichte Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) belege dagegen Möglichkeiten, die Zahl der durch die künftige Verordnung veranlassten Tierversuche auf ein notwendiges Mindestmaß zu begrenzen, heißt es. Die BfR-Studie empfehle dabei vor allem einen stärkeren Einsatz quantitativer Structure Activity Relationships (SARs - verwandte Strukturaktivitäten), mit denen Rückschlüsse auf die gesundheitliche Wirkung von Chemikalien auf der Basis computergestützter Analysen der Molekülstrukturen möglich sind. Zu einem gleichen Ergebnis komme eine im November 2004 veröffentlichte Studie der EU-Kommission, die von einer möglichen Verringerung der Anzahl von Versuchstieren um bis zu 1,9 Millionen ausgehe. Die Regierung soll nun in der EU darauf hinwirken, im Rahmen der anstehenden Verhandlungen zur Neufassung der europäischen Chemikalienpolitik im Rahmen von REACH nur solche Daten erheben zu lassen, die für eine sichere Handhabung der betreffenden Substanzen tatsächlich erforderlich sind. So soll sie sich dafür einsetzen, dass bei der Registrierung und Evaluierung anstelle eines mengenbasierten Ansatzes die Gefährlichkeit von Stoffen vorrangig ist. Gefordert wird auch, den von Großbritannien und Ungarn in die Diskussion eingebrachten OSOR-Vorschlag (One Substance - One Registration) in der weiteren Debatte angemessen zu berücksichtigen. Gleichzeitig sei dafür einzutreten, dass alle bereits verfügbaren tierversuchsfreien Verfahren in die Anhänge von REACH aufgenommen werden und damit sichergestellt wird, dass Regelungslücken zur gemeinsamen Bewertung von Tierversuchsdaten geschlossen werden.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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Bernadette Schweda, Sabrina Sperlich, Siegfried F. Wolf