Trittin: Zeitfenster von zehn Jahren für Klimawandel
Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit/Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit - 26.01.2005
Berlin: (hib/WOL) Die Perspektiven der
Klimapolitik nach der Ratifikation des Kyoto-Protokolls hat
Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Bündnis90/Die
Grünen) am Mittwochvormittag im Fachausschuss skizziert. Der
Minister unterstrich dabei die Bedeutung eines Zeitfensters von
zehn Jahren für eine Beeinflussung des globalen Klimas. Nach
Verstreichen dieser Frist sei nach allen wissenschaftlichen
Erkenntnissen eine befürchtete Klimaerwärmung
"unumkehrbar". Innerhalb der Kyoto-Vertragsstaaten und der EU habe
man sich daher darauf verständigt, dass eine Erderwärmung
um mehr als zwei Grad Celsius gegenüber der so genannten
"vorindustriellen Zeit" verhindert werden müsse. Im Hinblick
auf Kohlenstoffemissionen und andere Erwärmungsfaktoren der
Atmosphäre bedeute dies eine Reduzierung der Emissionen um 30
Prozent im Gesamtdurchschnitt bis zum Jahr 2020. Trittin ging dabei
auch auf die Tatsache ein, das dies für hoch entwickelte
Industriestaaten wie etwa Deutschland einen weit aus höheren
Wert erfordere als in anderen Ländern. Es bedeute unter
anderem, dass Deutschland mit einer derzeitigen Reduktion von 21
Prozent gerade einmal ebensoviel zur Verminderung der
Gesamtschadstoffe beitrage wie ein EU-Nachbarstaat mit einer
Reduktion von acht Prozent. Der Minister warnte in diesem
Zusammenhang auch vor einer Überschätzung der
Möglichkeiten durch einen Emissionshandel mit Schwellen- oder
Entwicklungsländern. Das Instrument von "Cap and Trade"
(Kappen und Handeln) könne nur dann greifen, wenn über
die Kappungsgrenzen Einigkeit bestehe. Erst innerhalb eines
vereinbarten reduzierten Rahmens über den Ausstoß von
Emissionen werde der Handel mit Emissionszertifikaten Bedeutung
erlangen. Gleichzeitig ging der Minister auch auf den von England
angestrebten "G8-Plus"-Gipfel ein. Dazu sollen auch die
Nichtunterzeichnerstaaten von Kyoto - China, Indien und Brasilien -
eingeladen werden. Die Bundesrepublik unterstütze dies. Einen
"Fehler" nannte Trittin, dass seinerzeit vereinbart worden sei,
erst nach der Ratifizierung des Kyoto-Protokolls über ein
weiteres Vorgehen zu verhandeln. Dies führe nun zu einem
Zeitverlust bei der Umsetzung und Durchsetzung der Maßnahmen.
Der Minister sprach auch den Zielkonflikt zwischen
Wirtschaftswachstum und Emissionen an. Bei der Entwicklung in Asien
sei es notwendig, Zugeständnisse zu machen.
Schwellenländer dürften im Hinblick auf Emissionen nicht
erst das frühere Stadium von Industrieländern erreichen,
um danach zu reduzieren. Im Bezug auf die Rolle der USA und der
Entwicklungsländer an der Klimagestaltung erklärte der
Ausschussvorsitzende Ernst Ulrich von Weizsäcker (SPD), die
USA hätten bereits lange vor dem Abschluss des
Kyoto-Protokolls deutlich gemacht, dass sie sich ohne eine
Einbindung der Entwicklungsländer nicht an den Verhandlungen
über Kyoto beteiligen wollten. Umgekehrt sei für die
Entwicklungsländer eine globale Vereinbarung zu Klimavorgaben
ohne die USA nicht akzeptabel.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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