Berlin: (hib/BOB) Mit einem Gesetzentwurf
des Bundesrates (
15/5951) soll Zwangsheirat wirksamer
bekämpft und im zivilrechtlichen Bereich die Rechtsstellung
der Opfer von Zwangsehen gestärkt werden. Auch in Deutschland
stellten Rechtsanwälte, Lehrkräfte, Beratungsstellen und
Frauenhäuser vermehrt Zwangsheiraten bei Einwanderern fest.
Eine Zwangsheirat liege dann vor, wenn mindestens einer der
zukünftigen Ehepartner durch eine Drucksituation zur Ehe
gezwungen werde, heißt es in dem Papier. Davon seien in der
überwiegenden Zahl Mädchen und junge Frauen betroffen.
Der Entwurf sieht vor, im Strafgesetzbuch einen neuen Tatbestand zu
schaffen, der denjenigen mit einer Freiheitsstrafe von sechs
Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, der eine andere Person mit
Gewalt oder durch Drohung "mit einem empfindlichen Übel" zur
Eheschließung nötigt. Im Zivilrecht sieht der Entwurf
vor, die Antragsfrist für die Aufhebung der durch Zwangsheirat
zustande gekommenen Ehe von einem auf drei Jahre zu
verlängern. Begründet wird dies damit, dass gerade in der
ersten Zeit nach dem Eintreten der zumeist als traumatisch
empfundenen Zwanglage der genötigte Ehegatte oft emotional
nicht in der Lage sei, die Aufhebung der Ehe zu betreiben. Auch im
Unterhalts- und Erbrecht plant die Länderkammer
Änderungen zugunsten der von Zwangsheirat Betroffenen. Der
Bundesrat weist darauf hin, dass die unter Zwang verheirateten
Mädchen und jungen Frauen vor allem aus türkischem oder
kurdischem Umfeld stammten. Betroffen seien aber auch Albanerinnen,
Pakistanerinnen, Inderinnen oder Marokkanerinnen. Dabei sei das
Phänomen der Zwangsheirat aber nicht auf den islamischen
Kulturkreis beschränkt. Es seien auch Fälle aus
Süditalien oder Griechenland bekannt geworden. Von
Zwangsheirat in Deutschland seien vor allem minderjährige
Mädchen betroffen. Die Zwangsverheiratung sei oft der Versuch,
die eigenen Töchter zu disziplinieren, die in westlichen
Gesellschaften aufwachsen und sich nicht mehr in alte Traditionen
fügen wollen. Es gehe hier um die Beibehaltung der
traditionellen Machtverhältnisse in der Familie. Über das
Ausmaß von Zwangsheirat habe man allerdings deutschlandweit
kaum gesicherte Daten. Die Bundesregierung macht unter anderem
deutlich, dass das geltende Recht - vor allem die durch das
Strafrechtsänderungsgesetz erfolgte Aufnahme der
Zwangsverheiratung als Regelbeispiel des besonders schweren Falls
einer Nötigung - keine Strafbarkeitslücke für
einschlägiges strafwürdiges Verhalten aufweist. Sie werde
gleichwohl aber prüfen, ob durch die Einführung eines
eigenen Straftatbestandes dem Kampf gegen die Zwangsheirat besser
Rechnung getragen werden kann. Die Regierung wendet sich jedoch
gegen den Vorschlag, die Antragsfrist zur Eheaufhebung von einem
Jahr auf drei Jahre zu verlängern. Die Jahresfrist diene dazu,
im Interesse der Ehegatten und der Allgemeinheit möglichst
bald Klarheit über den Fortbestand einer aufhebbaren Ehe zu
schaffen.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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