Berlin: (hib/BOB) Der Bundesrat verlangt,
dass er der Ratifikation des Vertrages vom April 2005 über den
Beitritt von Bulgarien und Rumänien in die EU zustimmen muss.
In einer Stellungnahme zu dem Vertragsgesetz, das dem Bundestag von
der Regierung Ende Juli zugeleitet wurde (
16/2293), schreibt die Länderkammer, der
Beitrittsvertrag regle erstmalig verbindlich für die beiden
südosteuropäischen Republiken die Zahl der Sitze im
Europäische Parlament, ihre Stimmenzahl im Rat sowie das
künftig geltende Quorum für Entscheidungen mit
qualifizierter Mehrheit. Durch den Beitritt verschöben sich im
Ergebnis Stellung und Gewicht Deutschlands im institutionellen
Gefüge der EU. Das relative Stimmengewicht der Bundesrepublik,
insbesondere im Rat, und damit die Möglichkeiten seiner
Einflussnahme bei der Ausübung der auf die EU
übertragenen Hoheitsrechte veränderten sich. Dies stelle
eine "wesentliche Änderung der vertraglichen Grundlagen der
EU" dar, durch die das Grundgesetz seinem Inhalt nach geändert
werde. Die Regierung ist anderer Auffassung. Das Vertragsgesetz
bedürfe - anders als vom Bundesrat verlangt - nicht dessen
Zustimmung. Das Grundgesetz setze eine Änderung der
vertraglichen Grundlagen der EU oder vergleichbarer Regelungen
voraus, durch die die Verfassung dem Inhalt nach geändert oder
ergänzt werde. Eine derartige verfassungsändernde Wirkung
komme dem Beitrittsvertrag indes nicht zu. Die Änderung der
vertraglichen Grundlagen der EU infolge des Beitrittsvertrags
für Bulgarien und Rumänien beschränke sich auf die
beitrittsbedingte Anpassung der organisatorischen Regelungen in den
Verträgen mit dem Ziel, den Beitrittskandidaten dieselben
Rechte zu geben, wie sie andere Mitgliedsstaaten auch
genössen. Die Regierung teilt im Übrigen die Auffassung
der Länderkammer, dass bei künftigen Erweiterungen die
umfassende Beitrittsreife vor der Festlegung eines konkreten
Beitrittszeitpunkts gegeben sein müsse. Diese Position habe
bereits Eingang in den neuen Ansatz der Europäischen
Kommission für die Fortsetzung des Beitrittsprozesses nach
Abschluss der Osterweiterung gefunden. Der Bundesrat hatte moniert,
dass der Beitrittsvertrag die Aufnahme Rumäniens und
Bulgariens spätestens zum Januar 2008 vorsehe und keine
Möglichkeit enthalte, die Aufnahme dieser Staaten auch bei
unzureichendem Vorbereitungsstand zu verschieben. Als unzureichend
sah die Länderkammer unter anderem die Bereiche Justiz, Kampf
gegen die organisierte Kriminalität, Vorbereitung der
Landwirtschaftsverwaltung und die Verwaltung der EU-Mittel an.
Ferner macht der Bundesrat deutlich, dass - vor dem Hintergrund
einer verbreiteten kritischen Stimmung gegenüber der EU - im
Hinblick auf weitere Erweitungsrunden verstärkt über die
Grenzen Europas debattiert werden müsse. Die Regierung
äußert hierzu, dass die Europäische Kommission in
einem Strategiepapier, das im Herbst dieses Jahres erstellt wird,
auch zur Aufnahmefähigkeit der EU Stellung nehmen werde. Die
Regierung stehe zu den von Deutschland eingegangenen
Verpflichtungen - Beitrittsverhandlungen mit der Türkei und
mit Kroatien sowie eine Beitrittsperspektive der Staaten des
westlichen Balkan. Darüber hinaus wolle sie derzeit keine
neuen Verpflichtungen eingehen.