Berlin: (hib/BOB) Der Bundesrat
möchte das Gerichtsvollzieherwesen privatisieren.
Zwangsvollstrecker sollen dann auf eigene Rechnung, aber unter
staatlicher Aufsicht arbeiten, schreibt die Länderkammer in
einem dazu vorgelegten Gesetzentwurf (
16/5724). Dazu sei eine Änderung des
Grundgesetzes erforderlich. Ein neuer Artikel 98 a soll in die
Verfassung hinzugefügt werden. Dieser sagt aus, dass auch die
Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen auf Personen, die nicht
Angehörige des öffentlichen Dienstes sind,
übertragen werden kann. Zur Begründung heißt es,
der Einsatz von Privaten verbessere die Effizienz der
Zwangsvollstreckung, indem er neue Leistungsanreize schafft. Diese
seien im gegenwärtigen System mit der "aufwändigen,
umstrittenen und sehr konfliktträchtigen"
Bürokostenentschädigung nicht möglich. Zudem
verschärfe die anhaltend schlechte wirtschaftliche Situation
den Druck der Gläubiger, offene Forderungen zu realisieren.
Gleichzeitig würden die Möglichkeiten, bei den Schuldnern
in pfändbare Vermögensobjekte zu vollstrecken, immer
seltener. Die Tätigkeit des Gerichtsvollziehers werde dadurch
erheblich erschwert. Der Länderkammer findet, die steigenden
Anforderungen an diese Tätigkeit gebiete deshalb, neue
Leistungsanreize zu schaffen. Private würden unter staatlicher
Aufsicht und Verantwortung die Aufgabe effizienter erledigen. Sie
würden im Wettbewerb untereinander auf eigene Rechnung
tätig sein. An Stelle des Systems der
Bürokostenentschädigung stünde eine Personal- und
Sachmitteleinsatz aufgrund der unternehmerischen Entscheidung des
Gerichtsvollziehers, so der Bundesrat. Die Bundesregierung lehnt es
ab, dass Gerichtsvollzieherwesen zu privatisieren. Gerichtliche
Entscheidungen zu vollstrecken, sei eine "hoheitliche Aufgabe".
Diese umfasse auch eventuell die Anwendung körperlicher
Gewalt. Solche weitreichenden, die Grundrechte des Bürgers in
besonderem Maße berührenden Befugnisse müssten in
der Hand des Staates bleiben. Zudem ergänzt die Regierung, die
Umstellung auf private Gerichtsvollzieher würde zu einer
Verteuerung der Kosten der Zwangsvollstreckung führen. Die
Gebührenerhöhung auf mehr als das Dreifache ginge nicht
nur zu Lasten der nicht selten ohnehin wirtschaftlich schwachen
Schuldner. Auch die Gläubiger könnten durch die
Verteuerung davon abgehalten werden, kleinere Forderungen durch
Gerichtsvollzieher beizutreiben. Dies sei nicht hinnehmbar.
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