Berlin: (hib/OYE) Immer mehr Menschen
erkranken an Onlinesucht. Schon heute gebe es zwei Millionen
Onlinesüchtige in Deutschland, bestätigte Gabriele Farke,
Initiatorin und Vorstandsvorsitzende des Vereins Hilfe zur
Selbsthilfe für Onlinesüchtige (HSO). Forschung sowie
Heilungsangebote in Deutschland müssten verbessert werden,
darin waren sich die Sachverständigen bei einer Anhörung
des Ausschusses für Kultur und Medien am Mittwochabend einig.
Grundlage der Anhörung war ein Antrag (
16/7836) der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen, der die Unterstützung der Forschung und den
Ausbau von Beratungs- und Therapiemöglichkeiten fordert.
Raphael Gaßmann, von der Deutschen Hauptstelle für
Suchtfragen (DHS) wies auf das Forschungsdefizit hin und
erklärte: "Wir ahnen sehr viel und wir wissen sehr wenig". Es
bestehe ein "extrem dringlicher Forschungsbedarf" in diesem
Bereich. Auch Professor Henning Scheich vom Leibniz-Institut
für Neurobiologie kritisierte den Stand der Forschung. So sei
zum Beispiel unklar, weshalb die illusionären sozialen
Situationen eines Onlinespiels ein so starkes Suchtpotential auf
junge Menschen ausübten. Erst durch psychologische Experimente
könne man mehr über Auslöser und Gefahren der Sucht
erfahren. Der Forschungstand in asiatischen Länder sei zwar
weiter voran geschritten, als in Deutschland, Ergebnisse
können aber nicht ohne weiteres übernommen werden,
erklärte Professorin Angela Schorr, Direktorin der Deutschen
Gesellschaft für Medienwirkungsforschung. "Jedes Land hat je
nach Medien-Mix unterschiedliche Phänomene", sagte sie.
Deshalb müsse eine eigenständige deutsche Forschung
entstehen. Professor Hartmut Warkus vom Institut für
Kommunikations- und Medienwissenschaften der Universität
Leipzig sieht zwar die interdisziplinäre Forschung als
entscheidend in diesem Bereich an, man solle aber bei der
Pädagogik beginnen. "Grundsätzlich ist es so, dass das
Störungsbild anerkannt werden müsste", forderte der
Psychologe Klaus Wölfing von der Johannes
Gutenberg-Universität Mainz. Nur eine Anerkennung durch die
World Health Organisation (WHO) und den Staat würde zu einer
Veränderung der Sachlage führen und die Finanzierung der
Behandlung durch Krankenkassen ermöglichen.
Herausgeber
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Claudia Heine,
Sandra Ketterer, Michael Klein, Hans-Jürgen Leersch, Johanna
Metz, Dr. Volker Müller, Monika Pilath, Annette Sach,
Bernadette Schweda, Alexander Weinlein, Siegfried F. Wolf