Berlin: (hib/HAU) Eine Insolvenz der Hypo Real Estate Bank (HRE) musste im September 2008 unbedingt verhindert werden: Dies sei das einhellige Votum aller am sogenannten ersten Bankenrettungswochenende im September 2008 beteiligten Vertreter der Privatbanken gewesen, bestätigten sowohl der Vorstandsvorsitzende der Commerzbank, Martin Blessing, als auch Wolfgang Sprißler, Vizevorsitzender des Aufsichtsrats bei der Hypo-Vereinsbank (HVB) und bis Ende 2008 deren Vorstandsvorsitzender am Mittwoch als Zeugen vor dem HRE-Untersuchungsausschuss. Laut Sprißler wären die Auswirkungen einer solchen Insolvenz weitgehender gewesen, als nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers. "Der Kollaps des deutschen Bankensystems wäre nicht auszuschließen gewesen", sagte er. Blessing sprach von "verheerenden Auswirkungen" auf die deutsche Volkswirtschaft. An dem besagten Wochenende habe man sich daher um eine "tragfähige Lösung durch das private Bankgewerbe" bemüht, sagte Sprißler. Dabei sei man von einem Finanzbedarf in Höhe von 15 Milliarden Euro ausgegangen, wie auch in einer Adhoc-Meldung der HRE verkündet. Tatsächlich habe sich jedoch ein Bedarf von 35 Milliarden ergeben, den zu leisten sich die Banken alleine nicht in der Lage gesehen hätten, bestätigten die Manager. Auf die Frage, ob nicht der Einlagensicherungsfond hätte greifen müssen, räumte Sprißler ein, dass dieser für "systemische Risiken" nicht konstruiert sei und man daher "andere Lösungen" gebraucht habe.
Für das von der Opposition stark kritisierte abwartende Verhalten der Bundesregierung an diesem Wochenende - der zuständige Staatssekretär Jörg Asmussen war erst am Sonntag gegen 17 Uhr zu den Verhandlungen gestoßen - zeigten die Zeugen Verständnis. Als deutlich geworden sei, dass eine Lösung ohne den Bund nicht erreicht werden könne, habe man sich zwar gewünscht, "dass jemand mit Statur früher gekommen wäre", wie Sprißler sagte. "Zwingend notwendig" sei jedoch eine Anwesenheit von Anfang an nicht gewesen. Auch Blessing hätte sich ein früheres Erscheinen gewünscht, räumte jedoch ein, dass diese "Strategie" der Bundesregierung für ein aus deren Sicht gutes Ergebnis gesorgt habe. Am Ende der Verhandlungen, die am Sonntagabend nach Aussage beider Zeugen schon als gescheitert galten und erst gegen ein Uhr morgens einen erfolgreichen Abschluss fanden, hätten die Banken mit 8,5 Milliarden Euro deutlich mehr als die ursprünglich geplanten 2 Milliarden beigesteuert. Dass es dennoch schon zwei Wochen später einen erneut erhöhten Finanzbedarf von nun 50 Milliarden Euro gegeben hatte, führte Blessing auf die "schlechte Bonität der HRE" und die dadurch geforderten "erhöhten Sicherheiten" zurück.
Der ehemalige HVB-Vorstandvorsitzende Sprißler wehrte sich vor dem Ausschuss entschieden gegen die im Zusammenhang mit der Abspaltung der HRE von der HVB im Jahre 2003 erhobenen Verdächtigungen, mit der Auslagerung der Immobiliensparte in die HRE habe man praktisch eine "Bad Bank" gegründet. Es habe keine Abspaltung ausgewählter Portfolios nach dem Motto "die Guten in die HVB, die schlechten in die HRE" gegeben, sagte Sprißler. Abgespalten wurden lediglich auf gewerbliche Immobilienfinanzierung spezialisierte Gesellschaften. Bedenken wegen einer eventuellen Nachhaftung für Verluste der HRE durch die HVB hätten laut Sprißler keine Rolle bei den Überlegungen zum Erhalt der HRE gespielt. Derartige Nachhaftungen kämen nur für bis 2003 entstandene Verbindlichkeiten in Frage. Die Probleme der HRE hätten hingegen erst mit dem Zukauf der irischen Bank Depfa im Jahr 2007 begonnen, sagte Sprißler.
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