Mitunterzeichner dieses ellenlangen Hass-Textes, der in der in London erscheinenden arabischen Zeitung "Al-Kuds al-'Arabi" veröffentlicht wurde, sind seine so genannte "Rechte Hand", der Ägypter Aynab al-Zawahiri, sowie vier weitere "Scheichs" und Führer terroristischer Islamistengruppen aus aller Welt.
Mit den Kreuzrittern sind in erster Linie die Amerikaner gemeint. Bei Bedarf fügt Bin Laden aber auch europäische oder asiatische Verbündete der USA hinzu, je nach dem, welche Rechtfertigung für einen spektakulären Terroranschlag gerade gebraucht wird. Schon in seiner nun sechs Jahre alten "Fatwa" rief Bin Laden dazu auf, auch jene zu bestrafen, "die hinter ihnen (den Amerikanern) stehen, damit sie eine Lektion lernen". Kurz vor den spanischen Nationalwahlen, am 11. März, hat Bin Laden mittels seines Terror-Netzwerkes Al Qaida in Madrid eine solche "Lektion" erteilt. Und Spanien hat prompt so reagiert, wie es der pseudo-religiöse Fanatiker erhofft hatte: Die Opposition gewann die Wahlen und hat sofort den Abzug der spanischen Soldaten aus dem Irak angekündigt.
In den USA sprechen deshalb namhafte Kommentatoren davon, dass Al Qaida seine erste Wahl gewonnen habe. "Die Spanier haben vor Bin Laden kapituliert", wie etwa Charles Krauthammer in der an sich gemäßigten "Washington Post" schrieb.
In Europa beharrt man indes auf einer differenzierteren Ansicht. Differenzierung tut auch not: Dort, wo es darum geht, zwischen dem Islam als bedeutender und beeindruckender Religion und jenen, die ihn für ihre selbstsüchtigen politischen Ziele schamlos ausbeuten, zu unterscheiden. Diese Differenzierung geschieht in der westlichen und sogar in der arabischen Welt längst nicht intensiv genug. Im Westen nicht, weil wir das islamische "Heilige Buch", den Koran und seine wertvollen Lebenshilfen - voller tiefgründiger Philosophie sowie Toleranz und Achtung vor Mann und Frau in einem Maße, wie es das Christentum jahrhundertelang nicht praktizierte - gar nicht kennen und deshalb jeder dahergelaufenen Interpretation, jedem islamistischen Fanatiker Glauben schenken, er spreche für das, was Islam heißt.
Im Orient sind Stimmen, die zwischen den wahren Religionsinhalten und den vermeintlichen der Radikalen unterscheiden, nahezu verstummt, weil - mit Ausnahme der Türkei - alle islamischen Staaten den Anschluss an die Moderne verpasst haben. Durch moderne Medien ist den arabischen Völkern in den vergangenen Jahrzehnten bewusst geworden, dass sie in Armut leben, trotz des teilweise enormen Reichtums in ihren Ländern. Statt die Schuldigen in den sich bereichernden Eliten ihrer eigenen Länder zu suchen, hat sich ein kollektiver Neidkomplex auf den reichen und noch dazu "ungläubigen" Westen aufgebaut, der sich zunächst zwischen 1947 und 1972 einzig gegen den westlichen Stellvertreter der Region, Israel, entlud, seither aber zunehmend den Westen einbezog, beginnend mit dem von Yassir Arafat befohlenen Überfall der Palästinenser auf die Olympischen Spiele 1972 in München.
Als Wendepunkt hin zum "Religionskrieg", zum "Kampf der Zivilisationen", wie es Bin Laden nennt, ist indes das Jahr 1979 zu nennen, beginnend mit dem Sturz des Schahs im Iran und der brutalen Islamisierung des Landes durch Ayatollah Khomeni. Er förderte die Aus- und Aufrüstung von Terrorgruppen gegen Israel, mit dem Ziel der "Vertreibung der Juden ins Meer". Zum ersten Mal unterstützte ein moslemischer Staat ungeniert und ungestraft Terrorismus. Die Hizbollah ist bis heute die namhafteste vom Iran geförderte Staatsterroristengruppe. Im Dezember 1979, als die Sowjetunion Afghanistan überfiel, gab es dann die endgültige Wende hin zum pan-islamischen "Heiligen Krieg". Dieser zehn Jahre dauernde Kampf der russischen Supermacht gegen die afghanischen Stammeskrieger und ihre 10.000 islamischen Söldner aus aller Herren Länder, mündete letztendlich in die Gründung von Al Qaida. Der Sieg über die Russen Ende 1989 machte Bin Laden glauben, dass auch ein Sieg über die zweite Supermacht USA möglich sei, und damit die Zerschlagung der Herrschaft der "Ungläubigen", wie alle Nichtmoslems von den islamistischen Hardlinern genannt werden.
Osama bin Laden, betuchter Sohn eines aus dem Jemen nach Saudi Arabien eingewanderten Bauunternehmers, beschritt den Pfad des "Jihadi", des "heiligen Kriegers", im Zorn über die sowjetische Invasion des moslemischen Staates Afghanistan. Er verlegte sein Baugeschäft - inklusive Hunderter von Arbeitern und schwerem Gerät - umgehend in den bedrängten Staat am Hindukusch, baute Verstecke in den Bergen, Nachschubwege, Widerstandsnester, Trainingslager. Außerdem richtete er zusammen mit der geheimen Organisation der 1928 in Ägypten gegründeten "Moslembruderschaft" in allen islamischen Staaten sowie in Europa und den USA Rekrutierungsbüros ein und transferierte die angeworbenen freiwilligen Kämpfer auf eigene Kosten in das Kriegsgebiet.
So entstanden seine ersten persönlichen Bindungen zu Moslems in aller Welt, so knüpfte er über die Moslembruderschaft hinaus Kontakte zu zahlreichen anderen, zunächst unbedeutenden religiös-fanatischen Untergrundorganisationen.
Der amerikanische Auslandsgeheimdienst CIA förderte damals mit 500 Millionen Dollar pro Jahr über den pakistanischen Geheimdienst die Ausbildungslager für moslemische "Freiheitskämpfer" in Afghanistan, nach dem Motto: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Wie der Terroristen-Fachmann Yossef Bodansky in seiner Biographie über Bin Laden beeindruckend nachweist, hat es der damalige pakistanische Geheimdienst verstanden, der CIA vorzugaukeln, sie fördere die militärische Ausbildung von afghanischen Mudschahedin. Von moslemischen Söldnern in Afghanistan habe sie damals keinen "blassen Schimmer" gehabt.
Als das Ende der Sowjets in Afghanistan abzusehen war, gründete Bin Laden 1988 aus Tausenden von internationalen Ex-Mudschahedin und anderen Unterstützern die Organisation Al Qaida, auf Arabisch "die Basis", von der aus er beabsichtigte, seinen "Heiligen Krieg" in andere Länder zu tragen. Erster Erfolg wurde ihm bereits ein Jahr später im Sudan beschert, wo am 30. Juni 1989 die so genannte Nationale Islamische Front einen Militärputsch durchführte und seither einen Vernichtungskrieg gegen die Christen und Naturvölker im Süden des Landes führt.
Bis zu seiner Vertreibung durch die Amerikaner im Oktober 2001 betrieb Bin Laden die Ausbildung multinationaler Freiwilliger in den unzugänglich gelegenen afghanischen Trainingslagern, teils eigenfinanziert, teils durch Mittel der saudischen Königsfamilie und anderer "Spender". Auf diese Weise wurden auch moslemische Tschetschenen, Bosnier und Kosovo-Albaner im Kleinkrieg ausgebildet. Es ist kein Zufall, dass 1994/95 in Tschetschenien mit entsprechender Brutalität und Grausamkeit der "Freiheitskrieg" dieser "russischen Moslemrepublik" gegen Moskau entfacht wurde. Er reiht sich vielmehr ein in die Strategie Osama bin Ladens: "Jedes Land, in das je ein Moslem seinen Fuß gesetzt hat, muss befreit werden auf dem Weg zur Weltherrschaft des Islam".
Auch die Balkankriege der 90er-Jahre, wiewohl entfacht von den nationalistischen Serben, boten dem großen Terror-Drahtzieher im Hintergrund Gelegenheit, den "heiligen Krieg" nach Europa zu tragen.
Träger sind stets die AA - die "Arabischen Afghanen" oder "Afghanische Alumni" (afghanische Schüler) - wie intern alle in Afghanistan ausgebildeten Terroristen bezeichnet werden.
Ins gleiche Bild reihen sich die an Grausamkeit nicht zu überbietenden Greueltaten radikaler Islamisten (FIS) in Algerien ein. 1990/91 kehrten rund 3.000 kampferprobte Algerier aus Afghanistan in ihre Heimat zurück. 1991 begannen die ersten Terrorüberfälle auf die sozialistische Regierung in Algier, dann, weil um ihren Wahlerfolg geprellt, wahllos gegen jedermann im ganzen Land. Geschätzte 100.000 Tote hat dieses Gemetzel bislang gekostet - im Namen von "Allah, dem Allbarmherzigen", wie die FIS zynisch mit dem Blut ihrer Opfer an die Hauswände schmiert.
Zur gleichen Zeit, 1990/91, begann der moslemische Bandit Aidid mittels künstlich erzeugtem Hunger seinen nachweislich von Al Qaida unterstützten Vernichtungskrieg in Somalia und führte 1993 vor, wie man die USA besiegen kann: indem er einen der High-Tech-Hubschrauber des Typs Black Hawk abschoss und die Leichen der Piloten medienwirksam durch die Straßen von Mogadischu schleifen ließ. US-Präsident Bill Clinton beendete daraufhin prompt das Engagement der Amerikaner am Horn von Afrika, ursprünglich begonnen, um Millionen von Verhungernden humanitäre Hilfe zukommen zu lassen.
Die Amerikaner als Nation zogen den gesamten Hass Bin Ladens auf sich, als Präsident Bush senior es wagte, 1991 das von Saddam Hussein überfallene Öl-Scheichtum Kuweit zu befreien. Im August 1990 war der Iraker in Kuweit eingefallen, und das militärisch schwache Saudi Arabien fühlte sich dem Aggressor ebenfalls ausgeliefert. Bin Laden bot damals der eingeschüchterten saudischen Königsfamilie an, er werde seine AA um sich scharen, Kuweit von den Irakern befreien und damit auch die Bedrohung von Saudi Arabien abwenden. Dieses Angebot erschien dem Königshaus Saud indes als unsicher. Es lud vielmehr die USA ein, von Saudi Arabien aus eine Koalitionsstreitmacht gegen den Irak zu führen. Erbost darüber, dass "Ungläubige" - also Amerikaner, Briten und Franzosen - Saudi Arabien, das "Heilige Land der Moslems" mit den wichtigsten Pilgerstätten des Islam, Mekka und Medina, durch die Stationierung ihrer Truppen "entweihten", wandte sich Bin Laden fortan auch gegen seinen eigenen König, übersiedelte in den Sudan, dann wieder nach Afghanistan und führt seither Krieg gegen das saudische Königshaus und dessen "Handlager", die USA.
Viele Nahost- und Terroristenexperten sind sich deshalb einig, dass die seither nicht abreißenden Terroranschläge gegen die USA im Grunde genommen ein nach Außen verlagerter Bürgerkrieg Bin Ladens gegen das Königshaus Saud sind. Bin Laden weiß, dass er die USA nicht besiegen, nicht islamisieren kann, wohl aber glaubt er, indem er die Amerikaner herausfordert, würden diese Druck auf die Saudis ausüben, um so, zwischen Amboss und Hammer - zwischen Al Qaida und den USA - gestürzt zu werden. Seine Rechnung ging bisher dahingehend auf, dass die Bush-Regierung tatsächlich hinter den Kulissen die Saudis derart traktiert hat, dass viele geschäftliche Beziehungen beendet wurden. Die wöchentlichen Flüge aus Riad nach Disney World in Florida sind eingestellt. Keine Woche, ohne dass in amerikanischen Medien das saudische Wahhabiten-Regime als Drahtzieher und Finanzier des radikalen Islams angeprangert wird. Die Amerikaner glauben an keinen Zufall, dass 15 der 19 Attentäter des 11. September Saudis waren. Sie werfen dem Wüstenkönigreich ein Doppelspiel vor.
Bin Laden profitiert zudem von der pro-israelischen Stimmung der Bush-Regierung. Bei Amtsantritt hatte George Bush versucht, den Aussöhnungskurs seines Vorgängers Clinton, wenngleich auf niedrigerem Niveau, im Nahen Osten fortzusetzen. Nach dem Terror-Angriff auf die USA hingegen wuchs in Washington Verständnis für die harte Linie des israelischen Ministerpräsidenten Ariel Sharon. Washington selbst ging dazu über, zwei "Exempel" in der moslemischen Welt zu statuieren: es stürzte das grausame Taliban-Regime in Afghanistan und beseitigte Saddam Hussein im Irak. Mit beiden Fällen hat Bin Laden vermutlich nicht gerechnet. Er dürfte vielmehr auf ein Kleinbeigeben der Amerikaner gebaut haben. Ergebnis seiner Terror-Politik ist, dass zwei moslemische Staaten nun gewissermaßen in der Hand des Erz-Feindes sind. Die von ihm als Kreuzritter bezeichneten Amerikaner haben seine Herausforderung militärisch angenommen, allerdings mit Konsequenzen, die diesen bewusst von den Islamisten herbeigeführten "Kampf der Zivilisationen" eher anstacheln als befrieden, wie das Beispiel Madrid am 11. März bewiesen hat. Bedauerlich auch, dass Sharon ohne Zügelung durch die USA seine großisraelische Machtpolitik hemmungslos ausleben kann; dass er sich mit Mord-Attentaten wie das auf den Hamas-Gründer Jassin genau auf jenes nihilistische Niveau derer begibt, die es zu bekämpfen gilt. "Ariel, mein Sohn", hätte wohl Golda Meir zu ihm gesagt, "Ariel, nicht militärisch, sondern ideologisch!"
Doch die große alte Dame Israels ist leider schon seit 26 Jahren tot. Ihr politischer "Enkel" legt nun selbst die Axt an das Lebenswerk jener großartigen Nahostpolitikerin. Es geht hier nicht um Israel-Schelte! Wie würde wohl Deutschland reagieren, wenn wöchentlich durch Selbstmordattentäter Busse, Restaurants, Discos, Geschäfte mit Frauen, Kindern und Jugendlichen in die Luft gejagt würden? Es geht vielmehr darum, wie man diesen selbstzerstörerischen Wahnsinn ein Ende bereiten kann. Und man sage nicht, dies sei unmöglich!
Das fast 60 Jahre alte Nahostproblem ist natürlich der Schlüssel zur Bekämpfung des islamistischen Terrors. Wer dies leugnet, begreift die arabische Welt nicht. Washington versteht dies zum Beispiel nicht. In der amerikanischen Hauptstadt wird das Nahostproblem schlichtweg vom "Kampf gegen den Terrorismus", von der Beseitigung Saddam Husseins, von dem Demokratisierungsversuch des Irak abgekoppelt. Richtig ist, dass der israelisch-palästinensische Konflikt keine religiösen Ursachen hat. Der langjährige Erz-Terrorist Arafat ist genauso als Sozialist großgeworden wie der Kibuzznik Sharon. Nur: Bin Laden und seine "Basis"-Anhänger benutzen den Nahostkonflikt längst genauso wie die ihnen passenden Stellen im Koran, um ihrer Vision der Wiedererrichtung eines Kalifats - von Rabat bis Riad, von Madrid bis Mogadischu - mit der brutalen Scharia als Rechtssystem - in der moslemischen Welt Gehör zu verschaffen.
Seitdem die arabischen Länder über eigene Fernsehsender wie Al Dschasira verfügen -das ist erst seit zehn Jahren der Fall - seitdem werden täglich Bilder des Grauens und der Not aus dem Gaza-Streifen und West-Jordanland in alle 22 arabischen Nationen gesendet. Nichts wirkt überzeugender und ist von Demagogen einfacher auszunutzen als Bilder.
Und die arbeitslosen Männer im Café zwischen Marokko und Medina erfahren tagtäglich, dass ihre eigenen Regierungen gegen diese "Ungerechtigkeit" nichts tun. Plötzlich erscheint da ein prophetenhafter Retter, Osama bin Laden, der von der Vereinigung aller arabischen Nationen spricht, von der Wiedererrichtung einstiger Größe, um dann mit Donnerhall und blitzendem Sarazenenschwert von Tanger aus erst Spanien, dann ganz Europa aufzurollen. Solche Hirngespinste sind es indes, mit denen dem arabischen Jedermann jenes Selbstwertgefühl vermittelt werden kann, das er im Alltag nirgendwo findet. Verwundert es, wenn der Heilsbringer Zulauf insbesondere unter jungen, tatendurstigen Männern aller islamischen Nationen findet?
Al Qaida, die Basis, kann nicht militärisch am Hindukusch zerschlagen werden, oder, indem man versucht, Bankkonten zu sperren. Die Eigeninteressen der (Schweizer) Banken finden die nötigen Schlupflöcher. Auch der Westen ist korrupt. Der Kampf gegen Al Qaida muss ideologisch aufgenommen und geführt werden. Das beginnt damit, dass Europa unter keinen Umständen Verständnis für Terrorismus aufbringen darf. Der Satz: "Des einen Terrorist, ist des anderen Freiheitskämpfer" ist Unfug. Er wird in Europa leider allzuoft im Zusammenhang mit palästinensischen Terroristen akzeptiert.
Ein wesentlicher Schritt hin zu einer Unterbrechung der Gewaltspirale wäre hingegen, dass all die vielen Millionen Euro, die die Europäische Union jährlich der palästinensischen Autonomiebehörde zufließen lässt, von den Europäern vor Ort selbst verteilt und angewandt würden. Es bedürfte europäischer "Entwicklungshelfer" in den Lagern des Gaza-Streifens, in Jericho, in Dschenin, die jene Aufbauprojekte gemeinsam mit den Palästinensern umsetzen, die den Menschen vor Ort materiellen Wohlstand bringen. Dabei kann man auch ihre Herzen gewinnen. So arbeitet Al Qaida - und hat deshalb großen Zulauf!
Warum den Gegner nicht mit den eigenen Waffen schlagen? Der Westen kann und darf - zum eigenen Schutz - nicht länger tatenlos zusehen, wie die arabischen Massen verarmen. "Wandel durch Annäherung", die Maxime des einstigen deutschen Außenministers Klaus Kinkel gegenüber dem radikalen Iran ist im Nahostkonflikt ein ebenfalls passender Schlüssel.
Ähnliches gilt für Israel. Der jüdische Staat darf von Europa nicht länger nur dem amerikanischen "Hegemon" überlassen werden. Letztlich tragen Deutschland und Großbritannien die historische Verantwortung für die Gründung Israels. Mehr als jeder andere Staat, viel mehr als die USA jedenfalls, müssten Berlin und London auf direkter bilateraler Ebene - nicht im schwerfälligen, verwässerten EU-Verbund - Israels Sicherheit garantieren helfen. Indem den Palästinensern zu Wohlstand verholfen wird, ihre ölreichen arabischen Brüder jedenfalls tun dies nicht. Die Emire, Könige und Scheichs haben vielmehr Interesse daran, den Palästina-Konflikt aktuell zu halten, weil er von den Schwächen ihrer Regierungen ablenkt. Noch. Denn der Prophet Osama will auch sie hinwegfegen.
Umso größerer diplomatischer, wirtschaftlicher und ideologischer Anstrengungen bedarf es, den nahöstlichen Terrororganisationen die finanziellen Quellen auszutrocknen. Erst wenn keine Eltern mehr bereit sind, für die Gegengabe von 20.000 Dollar eines ihrer Kinder als Selbstmordattentäter herzugeben, weil sie nämlich selbst durch redliche Arbeit leicht 20.000 Dollar verdienen könnten, erst dann scheint der Wendepunkt im Kampf gegen den islamischen Terrorismus erreicht.
Die arabische Welt dürstet nach ökonomischer Gerechtigkeit. Der Westen hat sich, und darin hat Osama bin Laden leider recht, mitschuldig gemacht, dass die autokratischen Eliten dieser Länder den Öl-Reichtum persönlich verprassen, anstatt die Petro-Dollars dem Volk zukommen zu lassen. Der Westen hat es fast 60 Jahre lang versäumt, durch politisch tragbare und beide Seiten gerecht berücksichtigende Strategien entscheidend mitzuhelfen, den blutigen Nahost-Konflikt zu lösen.
Es ist mehr als skandalös, dass dieses Problem seit den 40er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Welt in Atem hält und Europa sich mit der Rolle des besserwisserischen Zaungastes zufrieden gibt. Die Rechnung für all diese historischen Versäumnisse wird heute durch den Fanatiker Osama Bin Laden präsentiert. Alle heftig eingeleiteten Fahndungs- und Geheimdienstaktivitäten greifen zu kurz, wenn die Araber weiter in bitterer Armut leben müssen.