Auf ihrem ursprünglich nur dringenden Wirtschaftsfragen gewidmeten Frühjahrsgipfeltreffens der EU verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs am 25. und 26. April in Brüssel ein erweitertes Aktionsprogramm zur Bekämpfung des Terrorismus. In einer von den Innen- und Außenministern der EU vorbereiteten Erklärung wird eine engere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie ein besserer Austausch von Informationen zwischen den Nachrichtendiensten beschlossen, um eine effizientere Terrorismusabwehr zu erreichen. Entgegen dem Wunsch einiger Regierungen wurde auf die Schaffung neuer Institutionen verzichtet. Da es zwischen Sicherheitsdiensten aber immer wieder leicht zu Kompetenzstreitigkeiten kommt, soll auf irischen Vorschlag ein spezieller, beim Ministerrat angesiedelter Antiterrorkoordinator für eine reibungslose Zusammenarbeit und Umsetzung der Beschlüsse sorgen. Als möglicher Kandidat gilt in Brüssel der liberale niederländische Politiker Gijs de Vries, der sich mehrere Jahre im Europäischen Parlament als Fraktionschef der Liberalen profiliert hatte.
Weiter gehört zu dem konkreten Maßnahmenkatalog die vorgezogene Anwendung der Solidaritätsklausel, die in der noch nicht angenommenen europäischen Verfassung vorgesehen ist, sowie ein von Luxemburg, Deutschland und Frankreich angeregter Sieben-Punkte-Plan mit gemeinsamen Ermittlerteams, der beschleunigten Einführung biometrischer Erkennungsmerkmale in Pässen, einer gemeinsamen Datenbank für Straftaten und einer europäischen Zeugenschutzregelung. Auch bei den Arbeitsmöglichkeiten der europäischen Polizeibehörde Europol ist eine Verbesserung vorgesehen.
Vor allem aber komme es nach den Ereignissen von Madrid auf die volle Umsetzung der bereits nach den Ereignissen des 11. September vereinbarten Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus an, heißt es in der Erklärung. Konkrete Gesetzesvorhaben sind danach aber meist in langwierigen Auseinandersetzungen im Ministerrat oder anschließend bei der nötigen Ratifizierung durch die Mitgliedstaaten hängen geblieben. Innerhalb von sechs Monaten soll deshalb der Generalsekretär des Rates, Javier Solana, über die Erfolge Bericht erstatten und auch darüber, auf welcher Grundlage ein erleichterter Nachrichtenaustausch stattfinden kann. Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker erklärte nach einem Vorab-Treffen der Regierungschefs der drei Benelux-Länder mit denen der vier Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn, es herrsche inzwischen Einigkeit über die Zuständigkeit des Europäischen Staatsanwalts und darüber, dass in Zukunft in Rechtsfragen in der Union auch mit Mehrheit abgestimmt werden kann, an Stelle der bisher erforderlichen Einstimmigkeit.
In der Frage der EU-Verfassung, über die im vergangenen Dezember keine Einigung erzielt werden konnte, wurden von diesem Gipfel noch keine Entscheidungen erwartet. Allerdings schlägt der irische Ratsvorsitzende Ahern seinen Kollegen die Wiederaufnahme der Verhandlungen vor. Nach den deutlichen Signalen der Kompromissbereitschaft aus Madrid, Warschau, Berlin und Paris gilt eine Einigung über die Verfassung noch in diesem Halbjahr als durchaus realistisch. Belgiens Ministerpräsident Guy Verhofstadt erklärte ebenso wie Polens Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz, dass nun eine Einigung auf der Basis der doppelten Mehrheit nach Länder- und Bevölkerungszahl bei EU-Entscheidungen durchaus möglich erscheine. Auch bei der künftigen Größe der Kommission sei ein Kompromiss in Sicht. In den ersten Jahren erhalte jedes der 25 Länder je einen Kommissar. Ab 2009 solle das Gremium dann unter Anwendung des Rotationsprinzips verkleinert werden.
Im Übrigen wurde auf dem Gipfel über die schwache Wirtschaftslage in Europa debattiert, ohne dass es jedoch zu konkreten Beschlüssen kam. Hartmut Hausmann Weitere Berichte auf Seite 10