Auf den ersten Blick verblüfft die Meldung: Das Europaparlament hat es am 17. Januar abgelehnt, Aufenthalts- und Wahlrechte für Unionsbürger zu verbessern. Auf den zweiten Blick stellt sich heraus, dass der federführende Verfassungsausschuss versucht hatte, durch die Hintertür die Rechte von Drittstaatsangehörigen ebenfalls auszuweiten. Da alle Aspekte der Einwanderungspolitik in den Mitglied-staaten sehr umstritten sind und sich die Regierungen dabei das letzte Wort vorbehalten, lehnte das Europaparlament den Entwurf ab.
Die Passagen des Textes, die sich auf Unionsbürger beziehen, wurden in der Abstimmung zunächst angenommen. Die Regierungen werden unter anderem aufgefordert, "so schnell wie möglich zu erörtern, ob den europäischen Bürgern die nicht kumulierbare Möglichkeit zugestanden werden kann, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit entweder in ihrem Wohnsitzstaat oder in ihrem Herkunftsstaat bei den nationalen Wahlen das aktive und passive Wahlrecht auszuüben." Die Abgeordneten sprachen sich auch dafür aus, dass Unionsbürger in ihrem Wohnsitzstaat auch dann an Kommunal- und Europawahlen teilnehmen können, wenn sie den Pass eines anderen EU-Landes besitzen. Die Abgeordneten lehnten es aber ab, für die Europawahl grenzüberschreitende Listen der europäischen Parteien zu fordern. Sie wollen auch nicht, dass jeder Drittstaatler, der sich für mehrere Jahre in der EU aufhält, automatisch die Unionsbürgerschaft erhält. "Der Bericht ist schlicht und ergreifend am Thema vorbei geschrieben", kritisierte die konservative Abgeordnete Ewa Klamt. "Damit würden Nicht-EU-Bürger mehr Rechte erhalten als EU-Bürger." Als Beispielfall wählte Klamt einen US-Bürger, der sich seit fünf Jahren in einem europäischen Land aufhält. Würde der Vorschlag des Verfassungsausschusses Gesetz, dürfte er dort an Kommunal- und Europawahlen teilnehmen und in den USA ebenfalls wählen. Die sozialistische Abgeordnete Pervenche Berès sagte, eine echte Unionsbürgerschaft werde es erst geben, wenn Europa über unabhängige Haushaltsmittel verfüge, etwa eine eigene EU-Steuer.