Das Parlament: Hat sich die Einsetzung des Untersuchungsausschusses gelohnt?
Thomas Oppermann: Bisher noch nicht. Der immense Aufwand steht in keinem rechten Verhältnis zum Ertrag. Zwar haben sich neue Zeugen gemeldet. Doch der eine, ein BND-Mitarbeiter, lehnt eine Aussage ab. Der andere, ein Telekom-Manager, ist zwar kooperativ. Aber seine Angaben, die Botschaft in Skopje über die Verhaftung eines Deutschen informiert zu haben, sind nicht belastbar. Natürlich sind beim Fortgang der Untersuchungen Überraschungen nicht auszuschließen.
Das Parlament:: Wo liegen die neuralgischen Punkte im Fall El-Masri?
Thomas Oppermann: Nach bisherigen Erkenntnissen wurde El-Masri entführt und wohl auch misshandelt. Der Kern dieser Geschichte ist vermutlich wahr, auch wenn am Rande Widersprüche bleiben. Die Crux ist, dass wir keine mazedonischen und US-amerikanischen Zeugen vernehmen können. Wir müssen uns auf deutsche Zeugen stützen. Deren Aussagen bringen uns aber nicht viel weiter, weil deutsche Stellen in die Verschleppungsaktion offenbar nicht verwickelt waren.
Das Parlamen: Die Öffentlichkeit wird dann ausgeschlossen, wenn es ans Eingemachte geht. Werden die Bürger nur einen Zipfel der Wahrheit erfahren?
Thomas Oppermann: Ein essentielles Element von Untersuchungsausschüssen ist die Öffentlichkeit. Ich plädiere deshalb dafür, deren Ausschluss sehr restriktiv zu handhaben. Wir überlegen, Protokolle nichtöffentlicher Zeugenauftritte publik zu machen, um so nachträglich Öffentlichkeit herzustellen. Ich hege Bedenken gegenüber der Forderung der Opposition nach verdeckten Befragungen. Man muss den Zeugen eine menschenwürdige Vernehmungsform garantieren. Die Abgeordneten ihrerseits müssen den Betreffenden Auge in Auge gegenübertreten, auch um deren Glaubwürdigkeit prüfen zu können. Was die Einstufung zahlreicher Dokumente als nichtöffentlich angeht, so sollte die Regierung diese restriktive Praxis überdenken.
Das Parlamen: Stoßen Untersuchungsausschüsse bei Geheimdienstaktivitäten nicht an Grenzen?
Thomas Oppermann: Wir stoßen an doppelte Grenzen. Ein nationales Parlament hat es schwer, internationale Vorgänge aufzudecken. Europarat wie EU-Parlament kommen bei Recherchen zu den CIA-Flügen nicht weiter, wenn nationale Staaten die Kooperation verweigern. Und Geheimdienste können bei der Terrorbekämpfung ihre Strategie nicht im einzelnen aufdecken, auch nicht vor Untersuchungsausschüssen.
Das Interview führte Karl-Otto Sattler.