Kultur und Medien. Die Pläne von Unionsfraktion, Sozialdemokraten sowie von Bündnis 90/Die Grünen, das Stasi-Unterlagengesetz so zu ändern, dass die Mitglieder von Bundes- und Landesregierungen sowie Spitzenbeamte und Berufsrichter im Verdachtsfall weiterhin auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Tätigkeit bei der Staatssicherheit der DDR überprüft werden können, stößt bei Experten mehrheitlich auf Zustimmung. Das wurde am 25. Oktober bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Kultur und Medien deutlich.
Sieben Sachverständige wurden von den Abgeordneten zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen und der Bündnisgrünen zur Änderung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes ( 16/2969) befragt. Eine Novelle des Gesetzes ist erforderlich, weil die Fristen zu den Einsichtsmöglichkeiten in das Zentrale Einwohnerregister der DDR und zur zentralen Regelabfrage abgelaufen sind bzw. ablaufen werden.
Der Sächsische Landesbeauftragte Michael Beleites sprach sich dafür aus, dass für Beschäftigte in sensib-len Bereichen - etwa für Abgeordnete oder Mitarbeiter des Bundesbeauftragten für die Stasi-Interlagen - Möglichkeiten einer Überprüfung bestehen bleiben. Auch Jörn Mothes, Landesbeauftragter für die Stasi-Unterlagen in Mecklenburg-Vorpommern, hielt es für nötig, Überprüfungen "in begrenztem Umfang weiter zu ermöglichen". Die Frage, ob das Mittel der Selbstauskunft eine Alternative zur Überprüfung sein könne, verneinte Mothes: "Das ist nicht gleichzusetzen."
Der Rechtswissenschaftler Richard Schröder regte an, bei dem Personenkreis, der überprüft werden kann, "auch an den Sport zu denken". Auch dort gehe es um Vertrauenswürdigkeit und Fairness: "Es wäre sinnvoll, wenn es bei Sportfunktionären die Möglichkeit der Klärung geben würde." Für eine solche Überprüfungsmöglichkeit habe sich auch der Deutsche Olympische Sportbund ausgesprochen.
Anders als die übrigen Experten kritisierte Uwe Wesel, emeritierter Professor für Bürgerliches Recht und Rechtsgeschichte, den Entwurf. Er sei "nicht verhältnismäßig" und daher "verfassungswidrig". Die Tätigkeit ehemaliger Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit sei vergleichbar mit den Tatbeständen der gefährlichen Körperverletzung oder der schweren Freiheitsberaubung. Diese verjährten nach zehn Jahren. "Das kann für die Verfolgung des Stasi-Unrechts nicht anders sein", so Wesel.
Die Abgeordneten aller Fraktionen betonten in ihren Stellungnahmen die Bedeutung einer weiteren Aufarbeitung der Stasi-Tätigkeit. 80.000 gestellte Anträge auf Akteneinsicht allein im vergangenen Jahr seien Beweis für das "ungebrochene Interesse der Öffentlichkeit", so die Bündnisgrünen.
Sozialdemokraten und Union betonten insbesondere mit Blick auf die vielen anwesenden Vertreter der Opferverbände, man werde sich bei der Aufarbeitung weiter darum bemühen, dem gerecht zu werden, was den Opfern widerfahren sei. Der Vorsitzende des Ausschusses, Hans-Joachim Otto (FDP), versicherte ihnen ausdrücklich: "Wir gehen sehr sorgfältig mit dem Thema um." Die Zeit dränge jedoch: man wolle das Gesetz bis zum Ende des Jahres verabschieden.