Der AOK-Boss vertrat stellvertretend für alle Spitzenverbände der GKV die Auffassung, dass das, was der Fonds bringen solle, auch der bereits bestehende Risikostrukturausgleich (RSA) der Krankenkassen leisten könne - nämlich Nachteile auszugleichen, die sich dadurch ergeben, dass einige Kassen mehr alte und einkommensschwache Mitglieder haben als andere.
In seltener Eintracht wetterten die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) ebenfalls gegen das Herzstück der Reform. Alexander Gunkel vom BDA prophezeite, der Fonds werde nicht zu mehr Wirtschaftlichkeit führen. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sekundierte, der Fonds sei so angelegt, dass Kostensteigerungen künftig einseitig von den Versicherten über den Zusatzbeitrag zu tragen seien.
Von 2009 an sollen die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern zwar wie bisher von den Krankenkassen eingesammelt werden, dann aber in einen Fonds fließen, aus dem die Kassen für jeden Versicherten einen einheitlichen Betrag erhalten. Die Beitragssatzhöhe wird laut Entwurf von der Regierung festgelegt. Der bestehende RSA soll um den Faktor "schwere Erkrankungen" ergänzt werden. Im so genannten morbiditätsorientierten RSA sollen 50 bis 80 Krankheiten wie Diabetes und Herzkreislauferkrankungen berücksichtigt werden, allerdings nur dann, wenn die durchschnittlichen Ausgaben pro Versichertem die durchschnittlichen Leistungsausgaben je Versichtertem um mindestens 50 Prozent übersteigen. Kommt eine Kasse mit dem ihr zugewiesenen Geld nicht aus, kann sie einen Zusatzbeitrag erheben. Dieser darf maximal ein Prozent des Einkommens des Mitglieds betragen. Schwarz-Rot erhofft sich, dass die Zusatzbeiträge den Wettbewerb zwischen den Kassen anheizen. Ahrens warnte in der Anhörung, der Zusatzbeitrag werde eine "Jagd auf Gesunde und Gutverdienende" auslösen. Der Vorsitzende des Gesundheits-Sachverständigenrates, Professor Eberhard Wille, sagte, die Obergrenze für den Zusatzbeitrag drohe benachteiligte Kassen "an die Grenze der Insolvenz" zu treiben. Ist eine Kasse zahlungsunfähig, springt derzeit der jeweilige Kassenverband ein; nach den Koalitionsplänen soll dies künftig nicht mehr so sein - mit verheerenden Folgen, wie einige Sachverständige befanden. Doris Pfeiffer vom Verband der Angestelltenkrankenkassen vermutete, bereits das Gerücht einer drohenden Insolvenz könnte ausreichen, dass sich Ärzte weigern, gegen Vorlage der Versichertenkarte zu behandeln. Für den BKK Bundesverband ergänzte K.-Dieter Voß, in diesem Fall würden die Mitglieder aus der betroffenen Kasse flüchten. "Das wird das Vertrauen in die Kassenlandschaft insgesamt nicht stärken", so Voß. Ein Dorn im Auge ist ihm auch, dass der Beitragssatz nicht mehr von den Kassen selbst bestimmt werden könne. Es bestehe die Gefahr, dass die Regierung diesen zu knapp kalkulieren werde. Um Zusatzbeiträge zu vermeiden, könne es sein, dass dann die Kassen bei den Leistungen "einen knappen Kurs fahren". Professor Christoph Fuchs von der Bundesärztekammer betonte, die Beitragsfestsetzung durch die Regierung werde "in eine Wartelistenmedizin münden".
In der Anhörung am 13. November hatte Andreas Köhler von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung Praxispleiten im Zuge der Reform prophezeit. Die Koalition will den Kostenanstieg bei den Ärzten mit Begrenzungen bei den Behandlungen bekämpfen. Zudem soll die Bezahlung der Ärzte nach einem Punktesystem durch eine Gebührenordnung mit festen Preisen ersetzt werden. Jürgen Bausch von der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen rechnet in der Folge mit 13 Prozent weniger Vergütung für die Ärzte.
Der geplante Sanierungsbeitrag der Krankenhäuser in Höhe von rund 500 Millionen Euro stieß auf ein unterschiedliches Echo. Die kommunalen Kliniken warnten vor der Streichung von bis zu 80.000 Stellen. Die GKV-Spitzenverbände bezeichneten die Regelung hingegen als "praktikabel". Der Koalitionsentwurf sieht eine Änderung des Krankenhausentgeltgesetzes vor, wonach für den Sanierungsbeitrag unter anderem die Krankenhausrechnungen für voll- und teilstationäre Leistungen bei gesetzlich versicherten Patienten um 0,7 Prozent gekürzt werden sollen.