JAHRESWIRTSCHAFTSBERICHT
Opposition: Welcher Kurs?
Kurs halten" hat Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) seinen Jahreswirtschaftsbericht 2008 ( 16/7845) überschrieben. Im Bundestag gab sich der Minister am 24. Januar als Steuermann in schwerer See, der die Ruhe bewahrt, trotz Nokia-Wegzugs, trotz Aktientalfahrt. "Vertrauen" in die Wirtschaftspolitik ist nach Meinung des Ministers jetzt geboten, und daher müssten alle den Kurs halten: die Unternehmen, die Bürger und auch die Große Koalition selbst.
Obwohl Glos seine Wachstumsprognose im Jahreswirtschaftsbericht kurzfristig von 2,0 auf 1,7 Prozent reduziert hatte, steht die deutsche Wirtschaft für ihn vergleichsweise gut da. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hatte in seinem Jahresgutachten ( 16/7083) für 2008 ein Wirtschaftswachstum von 1,9 Prozent geschätzt. 2007 hatte die Wirtschaft um 2,5 Prozent zugelegt.
Glos erwartet im Jahresdurchschnitt einen weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit um 330.000 Personen, was die Arbeitslosenquote auf 8,2 Prozent nach neun Prozent im vergangenen Jahr senken würde. Bei den Bruttolohnen und -gehältern rechnet die Bundesregierung mit einem Zuwachs von 2,4 Prozent, nach nur 1,3 Prozent 2007.
Die Sozialdemokraten verstehen unter "Kurs halten" den Aufschwung für alle, was Mindestlöhne einschließt, wie Ludwig Stiegler in der Parlamentsdebatte deutlich machte. Der SPD-Fraktionsvize sprach sich für steigende Arbeitnehmereinkommen aus, um der zunehmenden Konzentration von Vermögen bei einem kleinen Personenkreis entgegenzuwirken.
Anders Rainer Brüderle. Der wirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion warf der Regierung Versäumnisse vor. Sie habe in der guten Konjunktur Zeit verspielt. "Man kann nur einen Kurs halten, der erkennbar ist", sagte Brüderle und befand sich damit in Übereinstimmung mit Fritz Kuhn von den Grünen, der beim Thema Mindestlöhne einen klaren Kurs vermisste. Mit Blick auf die Börsenkrise sagte Kuhn, das Wachstum werde um mehr als die von Glos kalkulierten 0,3 Prozent zurückgehen. Die "verfehlte Geldpolitik" der Europäischen Zentralbank griff Oskar Lafontaine (Die Linke) an. Sie habe mit dazu beigetragen, dass in Europa die Wachstumspotenziale nicht im dem Umfang erschlossen worden seien wie in anderen Industriestaaten.