TAIWAN
Die Präsidentschaftswahlen bedeuten nicht nur innenpolitisch einen Wendepunkt
Schon längst sollten die beiden Pandabären Tuan Tuan und Yuan Yuan von einem Gehege in der chinesischen Provinz Sichuan in den Zoo von Taipeh verlegt werden. Allerdings hatte die Regierung Taiwans diese Geste der Versöhnung immer wieder zurückgewiesen. Doch nun ist Entspannung in Sicht: Bei den Präsidentschaftswahlen auf Taiwan hat Ma Ying-jeou von der Kuomintang (KMT) mit 58,4 Prozent der Stimmen gegen Frank Hsieh von der amtierenden Democratic Progressive Party (DPP) gewonnen. Zeitgleich scheiterte ein Referendum über den Beitritt zu den Vereinten Nationen unter dem Namen Taiwan.
Dieses Ergebnis markiert einen Wendepunkt in der Geschichte Taiwans: In den vergangenen acht Jahren hat die amtierende DPP immer wieder mit Rufen nach Unabhängigkeit die Kommunistische Partei Chinas (KPCh) provoziert. Mit der KMT kommt nun jene Partei wieder an die Macht, die Taiwan rund 50 Jahre beherrscht und lange Zeit Anspruch auf gesamt China erhoben hat. Gegenüber der DPP haben die KMT und KPCh zumindest eines gemeinsam: Statt einer unabhängigen Republik Taiwan wollen beide ein China mit zwei Systemen.
Jenes Ein-China-Prinzip ist von hoher Bedeutung. Umfragen zufolge wünscht sich die Mehrheit der Einwohner Taiwans zwar die Unabhängigkeit. Allerdings würde die KPCh dies nie akzeptieren, weil in den 5.000 Jahren chinesischer Geschichte die Einheit des Landes stets oberste Maxime war. Im Übrigen haben die Insulaner fast 150 Milliarden US-Dollar auf dem Festland investiert. Die Wirtschaftsbeziehung ist für die Taiwanesen umso wichtiger, seit ihr zweistelliges Wachstum auf knapp vier Prozent geschrumpft ist. Besonders junge Wähler klagen über die Berufsaussichten. Zudem waren immer wieder DPP-Politiker in Korruptionsfälle verwickelt. So haben die Wähler nun das provokante Referendum der DPP über den Beitritt zu den Vereinten Nationen unter dem Namen Taiwan platzen lassen und den "Saubermann" Ma Ying-jeou von der KMT gewählt. Die KPCh-Führung ist darüber erleichtert, reagierte dennoch zurückhaltend. Im Wahlkampf hatte Ma Ying-jeou nicht ausgeschlossen, wegen der Unruhen in Tibet die Olympischen Spiele zu boykottieren oder gar den Dalai Lama zu empfangen. Allerdings möchte er bereits im Sommer Direktflüge aufs Festland ermöglichen. Bislang müssen Reisende und Güter einen mehrstündigen Umweg über Hongkong nehmen. Langfristig erwägt Ma Ying-jeou sogar "Friedensgespräche". Die Volksrepublik China hat angeblich mehr als tausend Raketen auf Taiwan gerichtet und die Republik China Raketen auf die Sonderverwaltungszone Hongkong programmiert. Die in Kürze erwartete Aufnahme der sogenannten "Panda-Diplomatie" entspannt aber nicht nur die Situation in Ostasien, sondern auch das Verhältnis zu Ländern, die das Ein-China-Prinzip anerkennen und in beiden Teilen aktiv sind, wie Deutschland.