RoTe Liste
Seit 2002 ist die Zahl der bedrohten Arten um 44 Prozent gestiegen
"Das Artensterben eskaliert" oder "Immer weniger Arten bevölkern die Erde" - so verkündeten es die Schlagzeilen im September 2007. Die Weltnaturschutzunion (IUCN) hatte gerade die aktuelle Rote Liste der weltweit bedrohten Tier- und Pflanzenarten veröffentlicht. Hinter uns lag das Jahr, in dem der Weltklimarat in bisher unbekannter Deutlichkeit vor den Folgen der globalen Klimaveränderungen warnte. Jeder seiner Berichte wurde deshalb zum Medienereignis. Genau wie Knut, der kleine Eisbär im Berliner Zoo, dessen Artgenossen in der freien Wildbahn auf immer kleiner werdenden Eisschollen herumtreiben. Kein Wunder, dass von dieser Aufmerksamkeit auch die Rote Liste profitierte.
Gründe genug rechtfertigen dies: Von der insgesamt 41.415 Arten umfassenden Liste, die 1963 erstmals konzipiert wurde, gelten 16.306 als vom Aussterben bedroht. Fast 200 mehr als noch ein Jahr zuvor. Laut IUCN ist jede vierte Säugetierart, jede achte Vogelart, jede fünfte Hai- und Rochenart und ein Drittel aller Amphibien weltweit bedroht. Gleiches gilt für 70 Prozent aller Pflanzenarten. Die IUCN unterscheidet zwischen Arten, die komplett ausgestorben sind und solchen, die nur noch in Zoos oder botanischen Gärten existieren: 784 komplett ausgestorbene Arten und 65 nur noch in Gefangenschaft existierende Arten werden hier gelistet.
Alarmierend ist vor allem die Tendenz: Seit 2002 ist die Zahl der Arten auf der Roten Liste um 44 Prozent von 11.167 auf nun 16.306 gestiegen.
Alarmierend ist auch der Blick auf einzelne Populationen: So wurde der Orang-Utan in Sumatra, dessen Lebensraum durch Holzfällungen zerstört wird, nun als "äußerst gefährdet" eingestuft. Von den 17.000 in den 1990er-Jahren in freier Wildbahn lebenden Flachlandgorillas in Afrika leben heute noch ungefähr 5.000 Tiere; zum ersten Mal wurde deshalb der Gorilla in der höchsten Gefährdungsklasse gelistet. Zum ersten Mal finden sich nun auch Korallen auf der Liste, zehn davon im Gebiet der Galápagos-Inseln. Ebenso hat sich der Status der Haie dramatisch verschlechtert. Der Hammerhai und verschiedene Engelshaie gelten als "gefährdet" oder "äußerst gefährdet". Ähnlich ergeht es dem chinesischen Flussdelfin. Lediglich eine Art konnte die IUCN von einer höheren in eine niedere Gefährdungsklasse herabstufen: Der Mauritius-Sittich war noch vor 15 Jahren einer der seltensten Papageien der Welt. Brutprogramme haben ihn vor dem Aussterben bewahrt.