Mit den Konferenztechnikern im Bundestag ist es ähnlich wie mit den Schiedsrichtern beim Fußball: Wenn sie ihre Arbeit richtig gut machen, fällt keinem auf, dass sie überhaupt da sind. Aufmerksamkeit bekommen sie meistens erst, wenn etwas nicht ganz nach Plan läuft.
Zum Beispiel bei einer hitzigen Debatte im Bundestag: Während im Plenarsaal Regierung und Opposition über die Haushaltsausgaben oder einen Auslandseinsatz der Bundeswehr diskutieren, sitzen in einer Kabine hinten im Plenarsaal zwei Konferenztechniker, beispielsweise André Heimann (links) und Michael Mitzinger (rechts). Sobald jemand an das Rednerpult tritt, müssen die Techniker möglichst schnell die richtige Lautstärke einstellen. Da gibt es schrille Frauen- und brummige Männerstimmen, "man kennt seine Pappenheimer", sagt Alfred Balensiefer. Er leitet die zwanzigköpfige Abteilung "Konferenztechnik" innerhalb des Referates Kommunikationstechnik der Bundestagsverwaltung. Wenn Zwischenfragen gestellt werden, sind es ebenfalls seine Leute, die auf Anweisung des Bundestagspräsidenten das richtige Mikrofon freischalten.
Wenn alles glatt läuft, ist die Arbeit der Konferenztechniker eher unauffällig. Trotzdem ist die Spannung während der Sitzungen hoch, jede Stunde kommt ein neues Team in die "Regie", wie die Kabine genannt wird. "Wenn man am Regler sitzt und es passiert etwas, dann schauen einen alle an", sagt Michael Mitzinger, 32-jähriger Radio- und Fernsehtechniker.
Zum Bundestagspräsidenten haben die Konferenztechniker während der Sitzung einen direkten Draht. Oder jedenfalls einen fast direkten: Wenn diesem während der Sitzung etwas auffällt, beispielsweise ein Rauschen im Mikrofon, teilt er dies dem hinter ihm sitzenden Abteilungsleiter mit. Der gibt die Information an einen der Saaldiener weiter, der dann zum Telefon hinter der Saalwand eilt und die Regiekabine anruft. Für solche Notfälle sind übrigens auch zwei Mikrofone links und rechts am Rednerpult befestigt. Von diesen ist immer nur eines in Betrieb, das andere bildet die Reserve.
Die Sitzordnung des Plenarsaales sehen die Techniker auf einem Bildschirm. Die Grafik hat man so oder so ähnlich oft gesehen, doch an die Zuordnung der Farben muss man sich gewöhnen: Wegen des besseren Kontrastes erscheinen die Sitze der CDU/CSU-Fraktion nicht schwarz, sondern blau, während die Sitze der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in ein zartes Mintgrün getaucht sind.
Zuweilen kommt den Konferenztechnikern eine wichtige Rolle bei dramatischen Sitzungen zu. Beispielsweise im September 2002, als der damalige Hamburger Innensena-tor Ronald Schill seine Redezeit überzog und von Bundestagspräsidentin Anke Fuchs das Wort entzogen bekam. Auf den entsprechenden Knopf drückte ein Mitarbeiter in der Regiekabine - "wir sind ja so etwas wie der verlängerte Arm des Präsidenten", beschreibt Balensiefer die Rolle seiner Abteilung.
Doch ihre Aufgaben liegen nicht nur im Plenarsaal. Mehr als 2.000 Veranstaltungen betreuen die Konferenztechniker im Jahr, von den Ausschusssitzungen des Bundestages bis zur Parlamentarischen Versammlung der Nato, in der Abgeordnete aus 26 Mitgliedstaaten über Sicherheitspolitik debattieren. Bei einem internationalen Ereignis wie diesem reicht die fest installierte Dolmetscherkabine nicht aus, sondern wird um eine Reihe mobiler Übersetzerkabinen ergänzt.
Während der Sitzungswochen werden nachts die zahlreichen Mikrofone im Plenarsaal überprüft. Dann wird von der Regiekabine aus ein Ton ausgesandt, der alle Frequenzbereiche der menschlichen Stimme abdeckt. Die Mikrofone werden dann einzeln freigeschaltet und senden eine Rückmeldung, ob der Ton richtig wiedergeben wird. "Rosa Rauschen" nennt man den relativ lauten Ton, der den Plenarsaal nachts erfüllt. Mitten im Reichstag klingt es dann nach Meeresrauschen.