Wohl kaum ein Gesetz hat die Gemüter der Unions-Abgeordneten so erhitzt wie das sogenannte Enteignungsgesetz. Von einem "Verrat an der Sozialen Marktwirtschaft" ist da die Rede, gar von einem "Sündenfall". Die verbalen Attacken spiegeln den Frust der Union über einen weiteren Rettungsplan der Regierung wider, der im Beamtendeutsch den unverdächtigen Titel "Gesetz zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes" trägt. Weil der umstrittene Gesetzentwurf, der vergangene Woche zur parlamentarischen Beratung in den Bundestag eingebracht wurde, als "ultima ratio" auch die Enteignung einer notleidenden Bank möglich macht, sieht die Union ordnungspolitische Grundsätze schwer verletzt.
Nüchtern betrachtet, kann die Regierung auf ein solches Gesetz, das ihr die Option auf einen so massiven Eingriff in die Eigentumsrechte der Aktionäre ermöglicht, gar nicht verzichten. Immerhin geht es um den Schutz von 102 Milliarden Euro deutscher Steuergelder. Diese Summe hat der Bund der angeschlagenen Hypo Real Estate (HRE) nämlich bereits als Rettungshilfen zugesichert. Und weitere Milliarden werden folgen, wenn es nicht bald zu einer Stabilisierung der Bank kommt. Denn weil der Immobilien- und Staatsfinanzierer mit einer Bilanzsumme von rund 400 Milliarden Euro als systemrelevante Bank einzustufen ist, die nicht einfach in die Insolvenz geschickt werden kann, muss der Staat die Kontrollmehrheit an der HRE übernehmen. Hat der Bund auf dem Verhandlungsweg keinen Erfolg, bleibt am Ende nur die Enteignung.
Ob es zu einem solchen Schritt kommt, lässt sich noch gar nicht abschätzen. Klar ist aber auch, dass der Gesetzentwurf die Enteignung als letzten Weg vorsieht. Angesichts der Steuermilliarden, die auf dem Spiel stehen, ist das auch gut so.