Egal, wie die Bundestagswahlen im September ausgehen, einige altbekannte Gesichter aus den Reihen der SPD werden danach nicht mehr unter der Reichstagskuppel Platz nehmen. Neben ehemaligen Ministern des Schröder-Kabinetts, wie Otto Schily, Hans Eichel oder Peter Struck wird auch Walter Kolbow nicht mehr kandidieren. 29 Jahre war Kolbow dann Mitglied des Bundestages.
Von Amtsmüdigkeit kann bei dem 64-Jährigen aber keine Rede sein. Auch im Spätherbst seiner Politikerkarriere ist der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende noch voll bei der Sache. Erst vor kurzem hat er die Fregatte "Karlsruhe" auf ihrer "Atalanta-Mission" besucht. Vorher war er unter anderem im Jemen und im Kaukasus. "Ich sage immer scherzhaft, wir sind hier für die ganze Welt zuständig", schmunzelt er. Als Fraktionsvize ist Kolbow für die Bereiche Außen, Verteidigung, Entwicklung und Menschenrechte verantwortlich und koordiniert die Arbeit der Fraktion. "Insgesamt bin ich für vier Ausschüsse und damit für über hundert SPD-Abgeordnete zuständig." Auch wenn das manchmal anstrengend sei, so habe er doch ein schönes Amt.
"Ich bin einfach ein Mensch, der gerne mitgestaltet", erzählt er von seiner Begeisterung für die Politik. Deswegen sei er 1967 als junger Mann in die SPD eingetreten. Auch der heutigen Jugend kann Kolbow nur raten, sich politisch zu engagieren. "Alle vier Jahre zur Wahl zu gehen, ist eine Sache. Aber selbst Einfluss zu nehmen und die eigenen Ideen versuchen durchzusetzen, eine ganz andere."
Seit 1980 gestaltet Kolbow in verschiedenen Ämtern Politik auf Bundesebene mit: Zwischen 1994 und 1998 als verteidigungspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, danach sieben Jahre lang als Parlamentarischer Staatssekretär beim Verteidigungsministerium. Letzteres sieht Kolbow als sein herausfordernstes Amt an, in dem er aber auch gemeinsam mit den Verteidigungsministern Scharping und Struck viel erreicht habe. "Wir haben beispielsweise die Bundeswehrreform und Auslandseinsätze umgesetzt. Außerdem haben wir uns bemüht, die soziale Stellung von Soldaten zu verbessern", sagt er. Dass die Bundeswehr eine "angemessene Stellung in der Gesellschaft bekommt", habe ihm schon immer sehr am Herzen gelegen.
Seit 1999 ist Mazedonien eine andere Herzensangelegenheit Kolbows. Über seinen Schreibtisch hat er das goldene Schild seines ehemaligen Büros mit der Aufschrift "Beauftragter der Bundesregierung für Koordination von deutschen Hilfsmaßnahmen in Mazedonien" gehängt. "Diese Arbeit hat mich sehr geprägt", erzählt er. "Ich habe dort viele Menschen kennengelernt, deren Schicksal mich sehr bewegt hat." Noch heute fühlt sich Kolbow dem Land und den Menschen sehr verbunden und hat regen Kontakt zu ehemaligen und aktuellen Regierungsmitgliedern. Außerdem ist er Vorstand der deutsch-makedonischen Gesellschaft.
Auf die Frage, was er nach seiner Zeit als Abgeordneter machen will, antwortet er ohne zu zögern: "Ein bisschen mehr den Dingen widmen, die in den vergangenen Jahren zu kurz kamen, wie der Familie oder dem Lesen. Und vor allem weniger arbeiten." Das hört sich nach einem erholsamen Ruhestand an, bis Kolbow ergänzt: "Ich will mich aber wieder als Anwalt niederlassen - wahrscheinlich in Berlin." Auch politisch möchte er nicht ganz untätig sein. "Als Ehemaliger kann man jederzeit an Fraktionssitzungen teilnehmen. Ich habe vor, das auch zu tun und mich so auf dem Laufenden zu halten."
Und vielleicht dauert es ja gar nicht lange, bis der Name Kolbow wieder im Bundestag auftaucht. Kolbows Sohn Alexander hat jedenfalls den Rat seines Vaters an die Jugend beherzigt und den Weg in die aktive Politik gefunden. Momentan sitzt er im Stadtrat von Würzburg. Ob Walter Kolbow seinem Sohn raten würde, auch eine bundespolitische Karriere anzustreben? "Das muss er selbst wissen", sagt er. Schließlich kenne sein Sohn nicht nur das Positive, sondern auch die Schattenseiten dieses Berufs, der zum Beispiel sehr familienunfreundlich sei. "Ich habe aber den Eindruck", mutmaßt Vater Kolbow, "er hat über die Kommunalpolitik schon Feuer gefangen."