FRAUENTAG
Koalition und Opposition streiten um die richtigen Wege zur Gleichberechtigung
Frauen sind Trumpf." Gerade den ließen sich viele Firmen entgehen, meinte EU-Arbeitskommissar Vladimir Spidla am 3. März anlässlich der Vorstellung der EU-Kampagne zum Abbau des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen. Spidla bemängelte unter anderem die geringe Anzahl von Frauen in Führungspositionen. Das widerspreche gerade in der Finanzmarktkrise wirtschaftlicher Vernunft. Einer französischen Studie zufolge würden Unternehmen mit Frauen in Führungspositionen oft besser geleitet als rein männlich dominierte Firmen.
Am 5. März, in der Bundestagsdebatte zum Internationalen Frauentag, mahnten viele Redner ebenfalls weitere Verbesserungen für Frauen in der Arbeitswelt an. Bundesfrauenministerin Ursula von der Leyen (CDU) betonte, es sei nicht hinzunehmen, dass Frauen im Schnitt 23 Prozent weniger verdienten als Männer. Die Zahl hatte Spidla beim Start seiner Kampagne genannt. In jeder fünften Familie sei die Frau heute jedoch die Haupternährerin, sagte von der Leyen, 64 Prozent der Frauen gingen arbeiten. Die Politik könne den Frauen vor allem helfen, Beruf und Familie besser zu vereinen. Sie hob etwa den Ausbau von Ganztagsschulen und die Umsetzung der Vätermonate beim Elterngeld hervor.
FDP-Familienexpertin Ina Lenke warf von der Leyen vor, sich bei der Frauenpolitik auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu beschränken. "Mit Familienpolitik können sie in der Öffentlichkeit punkten, mit Frauenpolitik nicht", sagte Lenke. Sie kritisierte unter anderem das Steuerrecht als unfair. "Die Steuerklasse V ist für Ehefrauen wirklich diskriminierend", rief Lenke. Außerdem müsse allen Menschen deutlicher gemacht werden, dass die CEDAW-Konvention geltendes Recht in Deutschland sei.
Der sechste Bericht Deutschlands zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) ( 16/5807) war Grundlage der Debatte. Das internationale Abkommen der Vereinten Nationen wurde 1979 verfasst, inzwischen haben es nach Angaben der UN mehr als 180 Staaten ratifiziert. In Deutschland trat die Konvention 1985 in Kraft. Der sechste deutsche Bericht beleuchtet die Entwicklung von 2004 bis 2007 und wurde Anfang Februar dem zuständigen UN-Fachausschuss in Genf vorgestellt.
"Der UN-Frauenrechtsausschuss gibt uns den Auftrag, die Gleichstellung am Arbeitsmarkt zu fördern", sagte Christel Humme (SPD). Auch wenn es heiße, 64 Prozent der Frauen arbeiteten, dürfe das nicht darüber hinwegtäuschen, dass Quotenregelungen für Frauen in Betrieben und in der Wissenschaft sinnvoll seien. "Frauen wollen Karriere, Kinder und einen Mann, aber keinen Versorger", zeigte sich Humme überzeugt.
"Frauen wollen vielleicht nicht nur einen Mann, sondern mehrere oder keinen oder eine Frau", ergänzte die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Barbara Höll. Vor allem wollten sie, dass der Geist des Grundgesetzes, demzufolge Mann und Frau gleichberechtigt seien, endlich vollständig umgesetzt werde. Viele Frauen arbeiteten in Teilzeit-Jobs, die schlecht bezahlt und karrierehemmend seien, so Höll.
Irmingard Schewe-Gerigk (Bündnis 90/Die Grünen) plädierte für Frauenquoten in Aufsichtsräten. Dieses Modell habe sich in Norwegen bewährt, wo 40 Prozent der Posten mit Frauen besetzt werden müssten. "Gerade in einer Krise ergibt sich die Möglichkeit, überkommene Strukturen zu ändern", sagte Schewe-Gerigk.
Der UN-Ausschuss zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau lobt Deutschland in seinen abschließenden Bemerkungen zum Bericht für seine Bemühungen. Als positive Aspekte hebt er die Verabschiedung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im Jahr 2006, das Elterngeld und das Gesetz zum Ausbau der Kinderbetreuung hervor. Der UN-Ausschuss kritisiert jedoch, dass das AGG nicht sämtliche Bereiche des Erwerbslebens erfasse, und fordert zur Änderung des Gesetzes auf. Er zeigt sich außerdem darüber besorgt, dass die "Zunahme der Teilhabe von Frauen im Erwerbsleben" vor allem einen Anstieg von Teilzeitarbeit bedeute und bemängelt die geringe Anzahl von Frauen in Führungspositionen.
Der Bundestag lehnte im Anschluss an die Debatte je einen Antrag der Grünen- und der Linksfraktion ( 16/5279, 16/8373) sowie einen Entschließungsantrag der FDP ( 16/8416) ab. Die Grünen hatten eine Frauenquote für die Aufsichtsräte deutscher Aktiengesellschaften gefordert. Die Linke hatte dafür plädiert, den Internationalen Frauentag zum Feiertag auszudehnen. Die Liberalen forderten unter anderem eine Reform des Steuerrechtes. Ein weiterer Antrag der Linksfraktion ( 16/9586) zur Förderung von Gleichstellung in der Privatwirtschaft wurde zur Beratung in den Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend über- wiesen.