Landesbanken
Die geplante Neuordnung wird aufgrund der Finankrise auf die kommenden Jahre verschoben
Was sind schon drei Milliarden Euro? Solche Summen muten angesichts der dramatischen Wirtschaftskrise fast wie Peanuts an. In den USA fuhr AIG 2008 einen Rekordverlust von 100 Milliarden Dollar ein, die US-Regierung stockt ihre Unterstützung für den Finanzkonzern auf 180 Milliarden Dollar auf. Hierzulande vermag die taumelnde Hypo Real Estate nur mit 90 Milliarden an öffentlicher Hilfe zu überleben. Selbst die immerhin noch schwarze Zahlen schreibende britische HSBC, die größte europäische Bank, sitzt auf faulen Krediten von 25 Milliarden Dollar. Da fällt die zu gleichen Teilen von Hamburg und Schleswig-Holstein zur Rettung der HSH Nordbank aufgebrachte Kapitalspritze von drei Milliarden Euro plus Garantien von zehn Milliarden kaum ins Gewicht.
Die von den CDU-Regierungschefs Peter Harry Carstensen und Ole von Beust gestartete Feuerwehraktion bei der kurz vor der Schließung durch die Bankenaufsicht stehenden HSH Nordbank ruft dramatisch in Erinnerung, dass die gravierenden Probleme der im Schatten der Hiobsbotschaften von Börsen, privaten Großbanken und Autofabriken segelnden Landesbanken nach wie vor nicht gelöst sind. Aktuell sind Krisenmanager nicht nur an der Waterkant, sondern auch im armen Saarland und selbst im wohlhabenden Baden-Württemberg gefordert. Wegen der Situation in Kiel verlangen Politiker im Bundestag sogar Länderfusionen. Im Interesse der "Zukunftsfähigkeit Deutschlands" müsse die Zahl der Länder reduziert werden, so SPD-Fraktionschef Peter Struck. Die FDP-Abgeordnete Ulrike Flach ruft dazu auf, "endlich ernsthaft" über Zusammenlegungen zu diskutieren. "16 Bundesländer sind zu viel", konstatiert Ole Schröder, CDU-Parlamentarier aus Schleswig-Holstein.
"Wir stehen zu unserer Bank", beteuert von Beust. Nun mag das reiche Hamburg die 1,5 Milliarden Euro wegstecken können. Ganz anderes sieht es hingegen im mit gut 23 Milliarden Euro verschuldeten Schleswig-Holstein aus: Jetzt kommen 1,5 Milliarden Euro hinzu, auch wenn diese Belastung vorerst in einer von der Hansestadt getragenen "Mini-Soffin" ausgelagert ist - aber im Fall des Falles muss Carstensens Kabinett für die Verpflichtungen geradestehen.
In trockenen Tüchern ist die Sanierung der HSH Nordbank noch nicht, doch in Schleswig-Holstein, wo eine Große Koalition regiert, und in Hamburg dürften die Landesparlamente die Stützungsaktion absegnen. In Kiel verortet indes Wolfgang Kubicki das Land am "Rand der politischen Handlungsfähigkeit". Der FDP-Fraktionschef sieht wegen des Desasters bei der Landesbank weitere Milliardenbelastungen heraufziehen. Die Grünen-Abgeordnete Monika Heinold wirft Carstensen "Volksverdummung" vor, wenn er das Rettungspaket für ausreichend erkläre. Für Rasmus Vöge, Vizechef der Landes-CDU, ist Schleswig-Holstein durch die HSH Nordbank "quasi bankrott" geworden. CDU-Finanzminister Rainer Wiegard beschwichtigt: Das Land sei "nicht bankrott", aber in einer "außerordentlich schwierigen Lage".
Das Kreditinstitut hat 2008 als Resultat fehlgeschlagener Spekulationen 2,8 Milliarden Euro Verlust verbucht. Nun wird die Geschäftspolitik der Bank, die 1.100 von 4.500 Arbeitsplätzen abbaut, neu aufgestellt. Risikobehaftete Wertpapiere sowie an sich profitable Tätigkeitsfelder, die viel Eigenkapital erfordern, sollen in eine eigene Einrichtung ausgegliedert werden. Konzentrieren will man sich auf solide Kreditgeschäfte beim Schiff- und Flugzeugbau sowie bei der regionalen Wirtschaft. Die HSH Nordbank ist der weltweit größte Schiffsfinanzierer. Allerdings ist unklar, ob die Wirtschaftskrise nicht auch bei der Schiff- und Flugbranche die Kreditnachfrage erlahmen lässt.
Auch am Neckar kämpft man mit Turbulenzen. Zwar stuft CDU-Regierungschef Günther Oettinger das Rating der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) als "unverändert stabil" ein. Gleichwohl ist die größte Landesbank 2008 mit 2,1 Milliarden Euro in die Miesen gerutscht. Nötig ist eine Kapitalzufuhr von satten fünf Milliarden Euro. Derzeit ringen das Land, die Sparkassen und die Stadt Stuttgart als Haupteigentümer um die Aufteilung dieser Geldzufuhr. Zögerlich zeigen sich die Sparkassen: Um ihnen diesen Schritt zu erleichtern, will die LBBW ihre faulen Wertpapiere in eine Art "Bad Bank" auslagern, deren Konstruktion unter einem Garantieschirm des Landes oder des Bundes-Soffin noch debattiert wird.
Öffentlich kaum beachtet hat Oettinger im Übrigen die Neuordnung der sieben Landesbanken erst einmal ad acta gelegt. Deren Konzentration auf nur noch zwei oder drei Institute gilt weithin als unabweisbare Konsequenz der Krise. Als einen Kern dieser Neuausrichtung hat der CDU-Politiker lange Zeit die Fusion der LBBW mit der kriselnden BayernLB forciert. Jetzt aber sieht Oettinger Zusammenschlüsse erst in "zwei bis fünf Jahren" als realistisch an, erst einmal müssten die Landesbanken ihre eigenen Aufgaben machen.
Derweil geht es an der Saar um die Frage, ob es künftig überhaupt noch eine öffentliche Regionalbank geben wird. Hinter den Kulissen wird nach einer "veränderten Eigentümerstruktur" der SaarLB gesucht, wie deren Gesellschafterversammlung beschloss. Das Institut, das sich unter anderem als deutsch-französische Mittelstandsbank betätigt, ist in den Sog des Debakels bei der BayernLB geraten, die 75 Prozent an der SaarLB hält, den Sparkassen und dem Land gehören 15 beziehungsweise 10 Prozent.
In Saarbrücken rechnet man damit, dass sich die Münchner ganz oder zum großen Teil zurückziehen. Der Preis für den bayerischen Anteil wird auf 150 bis 200 Millionen Euro geschätzt - das würde einen Teil der 260 Millionen Euro verschlingen, den das Saarland im Rahmen der Föderalismusreform zwischen 2011 und 2019 jährlich erhalten soll.