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Abgeordnete und UN-Vertreter kritisieren »land grabbing«
Mitte April wurde bekannt, dass die kleine Republik Kongo - nicht zu verwechseln mit der Demokratischen Republik Kongo - zehn Millionen Hektar Land an südafrikanische Farmer verpachten will, damit sie dort Nahrungsmittel anbauen können. Zehn Millionen Hektar: Das entspricht fast einem Drittel des Staatsgebietes, auch Regenwald ist darunter.
Kritiker bezeichnen Deals wie diesen als "land grabbing" (Landnahme). Reichere Öl-, Schwellen- oder Industrieländer, wie China oder Saudi-Arabien, kaufen oder pachten große Flächen fruchtbaren Landes in Entwicklungsländen und bauen dort Nahrungsmittel für ihren eigenen Markt an. So wie im Kongo haben die Einheimischen davon oft gar nichts: Die Farmer aus Südafrika wollen das Land selbst bewirtschaften und bringen ihre Arbeiter gleich mit. Der Pachtvertrag gilt überdies für 99 Jahre und außerdem: Er ist umsonst. Das Land wird praktisch verschenkt.
Die FDP-Fraktion nannte das am 13. Mai im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung "eine Katastrophe". Der Republik Kongo gingen auf lange Zeit Land und Arbeitsplätze verloren. Die SPD warnte, ein Entwicklungsmodell, bei dem ausländische Staaten mit ihren eigenen Arbeitskräften in erster Linie für ihre Heimatländer produzierten, dürfe nicht gefördert werden.
Anlass der Diskussion war ein Antrag der Grünen-Fraktion ( 16/12735) zum Thema "land grabbing". Die Abgeordneten hatten sich dazu einen ausgewiesenen Experten eingeladen: Olivier de Schutter, seit 1. Mai 2008 UN-Sonderbeauftragter für das Recht auf Nahrung. Er berichtete von Landkäufen ausländischer Investoren in "unglaublich hohem Ausmaß". Zwar seien Investitionen in die Landwirtschaft von Entwicklungsländern grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings seien viele Landkäufe bisher wenig transparent und daher kaum kontrollierbar. Gerade die ohnehin sehr armen Kleinbauern, betonte de Schutter, könnten im Wettbewerb mit den großen Investoren nicht mithalten und würden häufig von ihrem Land vertrieben. Auch kämen Gewinne aus Verkäufen und Pacht oft nicht der lokalen Bevölkerung zugute, sondern verstärkten Armut und bestehende Nahrungsmittelknappheit eher noch.
Die Grünen-Fraktion sprach von einer "sehr besorgniserregenden Tendenz" und forderte, man müsse die vom "land grabbing" betroffenen Länder beim Abschluss der Kauf- und Pachtverträge beraten. Die CDU/CSU-Fraktion sah die Lösung des Dilemmas vor allem im Bereich der Good Governance, der guten Regierungsführung: "Die Regierungen müssen sich verantwortungsbewusst verhalten, sie sind die Schlüsselakteure", betonte sie.
Im Kongo, heißt es, soll das erste Saatgut noch im Oktober in der Erde sein. Ab dann dürfen die Farmer fünf Jahre lang sogar steuerfrei produzieren.