Warum drückte sich die FDP auch auf ihrem Parteitag vor einer klaren Aussage zugunsten der Union? Ihr Programm ist mit dem der SPD eh nicht kompatibel.
Wir werden eine Woche vor der Wahl eine klare Koalitionsaussage machen. Die wird genau so präzise sein wie die der Union. Die Programme von Grünen und SPD sind tatsächlich eher kompatibel mit der Linkspartei. Ausreichende Schnittmengen sehe ich nur mit der Union. Aber an der Union kritisieren wir, dass ihre Konturen als Partei der sozialen Marktwirtschaft verschwommen sind. Und wir wären schlecht beraten, jetzt Blankoschecks auszustellen.
Die FDP hat eine Reform des Steuersystems zur Bedingung für eine Koalitionsbeteiligung gemacht. Nehmen Sie lieber vier weitere Jahre Große Koalition in Kauf als auf die Reform zu verzichten?
Wir werden keinen Koalitionsvertrag unterzeichnen, der nicht eine echte Steuerstrukturreform beinhaltet. Wir wollen regieren, aber nicht um jeden Preis. Und wenn eine Entlastung der Bürger und Betriebe nicht möglich wäre, dann wäre der konsequente Schritt, in die Opposition zu gehen.
Sie wollen die Bürger von mehr als 30 Milliarden Steuerzahlungen entlasten. Wie soll der Staat das finanzieren?
Diese Entlastung der Bürger ist heute schon möglich. Auch vor dem Hintergrund der Steuerschätzung der Regierung, derzufolge der Staat in den nächsten vier Jahren 316 Milliarden Euro Steuern weniger einnehmen wird als geplant. Nach der gleichen Schätzung wird der Staat bis 2013 Jahr für Jahr 42 Milliarden Euro mehr Einnahmen haben als in den vergangenen vier Jahren. Also wird nur weniger eingenommen als beabsichtigt war.
Bleibt Herr Westerwelle eigentlich auch Vorsitzender, wenn die FDP nicht an die Regierung gelangt?
Guido Westerwelle ist gerade mit 96 Prozent zum Vorsitzenden wiedergewählt worden. Er ist absolut unangefochten. Wir brauchen ihn, und sein Kurs stimmt.
Im Januar 2010 soll mit der Diskussion über ein neues FDP-Grundsatzprogramm begonnen werden. Was können Sie sich als mögliche neue Punkte vorstellen?
Seit den Wiesbadener Grundsätzen aus dem Jahr 1997 sind zum Beispiel unsere Vorstellungen von einer ökologischen Marktwirtschaft stärker
durchsetzbar geworden, als es sich damals erahnen ließ. Allein schon beim Emissionshandel ist da einiges passiert. Auf der anderen Seite ist die liberale Bürgergesellschaft mit Bildung als Bürgerrecht sowie dem Schutz der bürgerlichen Freiheitsrechte in den rot-grünen und schwarz-roten Jahren mächtig unter die Räder gekommen. Da müssen wir stärker gegensteuern, uns als Anwalt der Bürgerrechte klar erkennbar positionieren.
Die Fragen stellte
Sandra Ketterer.