EUROPARAT
Wegen des Streits um Spitzenposten gibt es vorerst nur eine provisorische Führung
Es ist die Zeit der Nervosität im Palais de l'Europe. Die Parlamentarische Versammlung des Europarats hat im Juni aus Protest gegen die Kandidatenvorauswahl durch das Ministerkomitee die Abstimmung über den neuen Generalsekretär mit knapper Mehrheit kurzerhand von der Tagesordnung abgesetzt und damit die Bewerber Wlodzimierz Cimoszewicz aus Polen und Thorbjörn Jagland aus Norwegen, zwei Ex-Regierungschefs, blockiert. Nun wabern Gerüchte.
Aus dem Umfeld der Botschafter, die in Vertretung der 47 Außenminister im Ministerkomitee die Fäden ziehen, wird kolportiert, mit der eventuellen Kandidatur des Österreichers Erhard Busek (ÖVP), bis 2008 Sonderkoordinator des Stabilitätspakts für Südosteuropa, könne eine neue Situation eintreten. In russischen Medien wird die Bewerbung des christdemokratischen Europarats-Abgeordneten René van der Linden aus Holland ins Spiel gebracht, der als moskaufreundlich gilt. Andere Stimmen wollen wissen, dass Cimoszewicz zurückziehen wolle, falls ein Pole an die Spitze der EU-Volksvertretung rücken sollte. Jean-Claude Mignon, Vorsitzender der französischen Delegation im Europarats-Parlament, forderte, die Kandidatenaufstellung von Neuem zu starten.
Niemand weiß so recht, wie man aus der "Sackgasse", wie Mignon es nannte, herausfinden soll. Am 13. Juli wollte das Ministerkomitee mit dem Parlamentspräsidenten Lluis Maria de Puig (Spanien) und den Fraktionschefs zu einem Krisentreffen zusammenkommen. Die vorschlagsberechtigte Diplomatenriege will Cimoszewicz oder Jagland durchpauken, damit ein Promi im Namen des Europarats der EU-Konkurrenz besser Paroli bieten kann.
Aus Sicht des wahlberechtigten Parlaments verstößt das Ministerkomitee freilich gegen die demokratischen Prinzipien des Staatenbunds, weil es die Bewerber des Abgeordnetenhauses ausgebootet hat: den Belgier Luc van den Brande und den Ungar Mathias Eörsi, die Fraktionsvorsitzenden der EVP und der Liberalen. Joachim Hörster (CDU), Leiter der Bundestagsdelegation, und sein Vize Wolfgang Wodarg (SPD) teilen zwar die Kritik am Vorgehen des Ministerkomitees. Sie plädieren aber dafür, bei der Herbstsitzung "endlich über Cimoszewicz und Jagland abzustimmen" (Wodarg), "das sind personell zwei achtbare Vorschläge" (Hörster).
Nach dem Auslaufen der Amtszeit des britischen Generalsekretärs Terry Davis Ende August wird der Europarat zunächst in Gestalt der Niederländerin Maud de Boer-Buquicchio vorerst nur eine provisorische Führung haben - sie hat als Stellvertreterin des Generalsekretärs indes eigentlich kein politisches Mandat.