Die erste große Koalition von 1966 bis 1969 ist seit vielen Jahren Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtungen. Aber was macht eine Regierungsfraktion, die mit einem ungeliebten Koalitionspartner eine Zweckgemeinschaft eingegangen ist, um Regierungsverantwortung zu übernehmen? Für die SPD-Fraktion wissen wir das jetzt sehr genau. Nun kann man nachvollziehen, wie beispielsweise die Meinungsfindung zur Notstandsgesetzgebung erfolgte, für deren Abstimmung am 30. Mai 1968 auf die viel beschworene Fraktionssolidarität verzichtet wurde. Helmut Schmidt machte angesichts der Gegensätze in der Fraktion deutlich, es komme nicht nur darauf an, wie man abstimme, sondern wie man miteinander umgehe und wie man sich im Plenum und in der öffentlichen Meinung in dieser Frage darstelle. Dieser Ausspruch scheint ohnehin Schmidts Handlungsmaxime gewesen zu sein, der maßgeblich die Fraktion prägte und während der drei Jahre 75 Fraktionssitzungen leitete.
Der Editorin Bettina Tüffers, die in einer Einleitung die Besonderheiten der SPD-Fraktion herausgearbeitet und die Texte sorgfältig kommentiert hat, gilt uneingeschränktes Lob: Weiter so!
Die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Sitzungsprotokolle 1966-1969.
Droste Verlag, Düsseldorf 2009; 717 S., 140 ¤