Die OSZE will bei ihrer ersten Wahlbeobachtungsmission in Deutschland vor allem die Vorbereitung der Bundestagswahl und den Wahlkampf ins Visier nehmen. Auch die Zulassungsverfahren für kleinere Parteien und die Besonderheit von Überhangmandaten sollen von den Wahlexperten analysiert werden, wie die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bestätigte. Rund vier Wochen - von Mitte September bis Mitte Oktober - werden deshalb zwölf internationale Beobachter quer durch Deutschland reisen. Geplant sind unter anderem Gespräche mit dem Bundeswahlleiter, Vertretern aller politischen Parteien und der Medien.
Voraussetzung für eine OSZE-Mission ist eine Einladung des Gastlandes. Aus Deutschland liegt eine ständige Einladung an die Wahlbeobachter vor. Auch der Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses des Deutschen Bundestages, Thomas Strobl, begrüßte die Mission. "Wir heißen die Experten der OSZE herzlich willkommen und sehen einer vertrauensvollen Zusammenarbeit und einem Erfahrungsaustausch mit besonderem Interesse und großer Freude entgegen", erklärte der CDU-Abgeordnete.
Strobl stellte klar, dass die OSZE mit der Ankündigung einer Mission nicht auf festgestellte oder vermutete Schwächen bei der Vorbereitung der Bundestagswahl reagiert habe. Im Gegenteil, die OSZE habe festgestellt, dass das deutsche Wahlrecht eine solide Basis für demokratische Wahlen darstelle und großes Vertrauen genieße, erklärte der Unionspolitiker aus Baden-Württemberg. Routinemäßig laden die Wahlbeobachter auch die Vertreter der Parlamentarischen Versammlung der OSZE ein, an der Mission teilzunehmen.
Schon seit etwa acht Jahren führt das für Wahlen zuständige OSZE-Büro für demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) in Warschau Wahlbeobachtungsmissionen in westlichen Ländern durch. "Die OSZE-Verpflichtungen gelten für alle Staaten gleich", sagte ODIHR-Sprecher Jens-Hagen Eschenbächer. Die Mission zur Bundestagswahl sei deshalb Standard. Es sei jedoch nicht sinnvoll, dasselbe Instrumentarium einer Wahlbeobachtung in allen OSZE-Staaten gleich einzusetzen. In Deutschland gebe es ein "großes Vertrauen in den Wahlprozess". Deshalb stünden die Wahlvorbereitungen und nicht der Prozesss der Stimmabgabe im Mittelpunkt. Im Anschluss an die Mission veröffentlicht die OSZE jeweils einen Abschlussbericht, der die Wahlen insgesamt einschätzt und Verbesserungsvorschläge nennt.
Auch der Bundeswahlleiter Roderich Egeler kündigte an, dass er gern zu einem Gespräch mit den OSZE-Experten über das Zulassungsverfahren von Parteien zur Bundestagswahl bereit sei. Der Bundeswahlausschuss war in den vergangenen Tagen von Parteienforschern kritisiert worden, nachdem er Gabriele Paulis Freie Union sowie Die Grauen und die Gruppierung "Die Partei" des ehemaligen Chefredakteurs des Satiremagazins "Titanic", Martin Sonneborn, nicht zur Wahl zugelassen hatte.
Die OSZE ist seit dem Jahr 2000 mit jeweils rund 40 Wahlbeobachtern bei den Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten vertreten. Auch in Irland, Italien, Spanien, Großbritannien, Frankreich, der Schweiz und den Niederlanden haben in den vergangenen Jahren ähnliche "Assessment"-Missionen wie jetzt zur Bundestagswahl stattgefunden.
Die OSZE ist eine Sicherheitsorganisation, die aus der 1975 in Helsinki gegründeten Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) hervorgegangen ist. 1995 wurde sie in OSZE umbenannt. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs gehören Demokratisierung, die Unterstützung beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen und der Schutz der Menschenrechte in den Transformationsländern Südosteuropas und der ehemaligen Sowjetunion zu den Hauptaufgaben. Derzeit hat die OSZE 56 Mitglieder.