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Ein geteiltes Echo hat der von CDU/CSU und FDP vorgelegte Gesetzentwurf zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung ( 17/3403) bei Sachverständigen ausgelöst. In einer Anhörung des Rechtsausschusses unter Vorsitz von Siegfried Kauder (CDU/CSU) am Mittwoch, 10. November 2010, betonten alle neun Experten die Notwendigkeit einer Reform. Wie diese allerdings aussehen soll, darüber gingen die Meinungen auseinander. Als zustimmungswürdig bezeichnete Dr. Jürgen-Peter Graf, Richter am Bundesgerichtshof, die vorgesehene Reform. Angesichts der herrschenden Unsicherheit und Uneinigkeit der Obergerichte über Reichweite und Wirkung, insbesondere der nachträglichen Sicherungsverwahrung, nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sei der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen bereits deswegen zu begrüßen, weil hierdurch wieder "ein klares Entscheidungsschema und neue klare Anordnungsgrundsätze durch den Gesetzgeber vorgegeben werden“.
Andreas Heuer, Leitender Oberstaatsanwalt aus Osnabrück, begrüßte den Gesetzentwurf ebenfalls: Dieser bringe ein neues Gesamtsystem der Sicherungsverwahrung, das an die Stelle der über Jahre nach und nach überarbeiteten und hinzugefügten Regelungen trete.
Auch Prof. Dr. Henning Radtke von der Universität Hannover bewertete das Vorhaben der Koalitionsfraktionen positiv: Der Gesamtkonzeption des Gesetzentwurfs sei in ihren wesentlichen Zügen zuzustimmen. Die durch die weitgehende Aufgabe der bisherigen nachträglichen Sicherungsverwahrung eventuell zu befürchtenden Lücken des Schutzes der Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern würden durch die Ausweiterung der vorbehaltenen Sicherungsverwahrung zu einem Teil aufgefangen.
"Die Sicherungsverwahrung gehört auf den Prüfstand!“, so äußerte demgegenüber Rechtsanwalt Sebastian Scharmer aus Berlin, der das Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen vertrat. Kriminalpolitisch sei sie nicht notwendig. Mit einer frühzeitig begonnenen Sozialtherapie könnten die Gefahrenprognosen bereits während des Vollzugs der Strafhaft grundlegend verbessert werden.
Prof. Dr. Jörg Kinzig von der Eberhard-Karls-Universität Tübingen schlug demgegenüber vor, die Sicherungsverwahrung auf Gewalt- und Sexualstraftäter zu konzentrieren.
Kritik gab es am von Union und Liberalen vorgesehenen Therapieunterbringungsgesetz. So äußerte zum Beispiel Prof. Dr. Joachim Renzikowski von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gegen die vorgeschlagene Vorschrift "erhebliche Bedenken“. Aus der Gefährlichkeit des Täters könne nicht automatisch auf eine Geisteskrankheit geschlossen werden.
Prof. Dr. Norbert Leygraf, Direktor des Instituts für Forensisches Psychiatrie der Universität Duisberg-Essen, betonte, Straftäter, die als voll schuldfähig begutachtet und verurteilt worden seien, sollten nunmehr in die Obhut einer medizinisch orientierten Einrichtung zur Behandlung psychischer Störungen gebracht werden.
Der Sachverständige unterstrich, die Unterbringung erfolge nicht etwa deshalb, weil man bemerkt habe, dass die vorhergehende Einschätzung falsch gewesen sei, sondern weil die Betroffenen weiterhhin als gefährlich gälten und man keine andere Chance mehr sehe, sie weiterhin in strafrechtlicher Obhut festzuhalten.
Dies sei der "Versuch, die Psychiatrie als Ersatzreserve für das Strafrecht“ zu nutzen. Leygraf äußerte die Hoffnung, dass die Einführung dieses Gesetz allein schon an rechtlichen Erwägungen scheitert. (rp)