Navigationspfad: Startseite > Der Bundestag > Präsidium > Reden des Präsidenten > 2011 > Grußwort zur Ausstellung "Die Salier. Macht im Wandel"
Üblicherweise interessieren vor allem die Sieger, sind sie es doch, die nach landläufiger Meinung Geschichte schreiben. Warum wendet sich dann das Historische Museum der Pfalz nach 1992 erneut in einer aufwendigen Schau einer Herrscherdynastie zu, in der manche die großen Verlierer ihrer Epoche wähnen? Die Antwort fällt beim Blick in die Ausstellung "Die Salier. Macht im Wandel" leicht - auch unabhängig von den Jubiläumsanlässen, die 2011 mit der Weihe des Speyerer Doms vor 950 Jahren und der Kaiserkrönung Heinrich V. fünfzig Jahre später auf die späte Salierzeit verweisen. Denn das "Jahrhundert der Salier" ist mit den rasanten gesellschaftlichen Veränderungen im Reich eine fesselnde historische Epoche, die für die Entwicklungsgeschichte des ganzen europäischen Kontinents von lang anhaltender Bedeutung war. Insbesondere der Ausgang des erbitterten Ringens um die Sphären von "Imperium" und "Sacerdotium" im Investiturstreit, von kaiserlicher und päpstlicher Gewalt, markiert eine Zäsur. Die ersten Ansätze zur Scheidung geistlicher und weltlicher Gewalt gelten als "Keimzelle der Gewaltenteilung überhaupt" (Heinrich August Winkler). Mit Kaiser Heinrich V. wird zudem eine Herrscherpersönlichkeit ins Zentrum des Interesses gerückt, dessen Regentschaft in der Geschichtswissenschaft zuletzt eine tiefgreifende Neubewertung erfahren hat.
Von den Tumulten der Kaiserkrönung Heinrich V. in Rom zur geordneten Kanzlerwahl der parlamentarischen Demokratie sind es - gefühlt wie gezählt - neun lange Jahrhunderte. Aus dieser fernen Vergangenheit sind hingegen die sozialen Prozesse auch heute noch spürbar, die damals angestoßen wurden, etwa die Anfänge städtischer Bürgerschaft. Und insbesondere die kulturellen Zeugnisse, die diese Ausstellung in beachtlicher Zahl präsentiert, zählen zur faszinierenden Gegenwart dieser vergangenen Epoche. Die romanische Architektur jedenfalls überwältigt den Besucher im Speyerer Dom heute wie einst den Pilger im Hochmittelalter. Die drei Jahrzehnte seit der Erklärung dieses herausragenden Bauwerks zum UNESCO-Weltkulturerbe nehmen sich gegenüber der mit modernsten Ausstellungsmitteln ausgebreiteten fast ein Jahrtausend alten Geschichte natürlich verschwindend kurz aus. Der Welterbe-Status verdeutlicht aber, dass wir uns unserer Herkunft verpflichtet fühlen und uns ihrer dauerhaft vergewissern wollen. Das Interesse an unseren kulturellen Wurzeln ist es schließlich, das die Menschen zu Hunderttausenden in die historischen Museen strömen lässt. Im Reigen großer kulturhistorischer Ausstellungen der letzten Jahre setzt "Die Salier. Macht im Wandel" einen weiteren Glanzpunkt, für die ich gerne die Schirmherrschaft übernommen habe. Ich danke allen Institutionen, Partnern und Förderern, die zum Gelingen beigetragen haben, und wünsche der Ausstellung zahlreiche Besucher, die sich von der Spannung einer Zeit einnehmen lassen, in der sich - wie heute - nicht nur die Macht im Wandel zeigt.