Gerichtssprache Englisch in Wirtschaftsprozessen ?

Containerschiff auf hoher See

Der Rechtsausschuss befasst sich mit der Frage der Einführung von Englisch als Gerichtssprache bei bedeutenden wirtschaftlichen Streitigkeiten. In einer öffentlichen Anhörung unter der Leitung des Vorsitzenden Siegfried Kauder (CDU/CSU) äußern sich sieben Sachverständige am Mittwoch, 9. November 2011, über die Vor- und Nachteile der Einrichtung von Kammern für internationale Handelssachen. Die Anhörung findet im Paul-Löbe-Haus, Saal 4.300 ab 14 Uhr statt.

"Deutsches Recht wird kaum gewählt"

Der Vorstoß, bei deutschen Landgerichten solche speziellen Kammern einzurichten, beruht auf einem Gesetzentwurf des Bundesrats (17/2163). Zur Begründung heißt es dazu, dass das deutsche Recht bei bedeutenden wirtschaftlichen Streitigkeiten trotz seiner Vorzüge kaum gewählt würde, wenn als Gerichtsstand ein Gericht in einem anderen Staat vereinbart sei, vor dem in englischer Sprache als "lingua franca" des internationalen Wirtschaftsverkehrs verhandelt werden könne.

Die Begrenzung der Gerichtssprache auf Deutsch trage dazu bei, dass bedeutende wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten entweder im Ausland oder vor Schiedsgerichten ausgetragen würden – zum Nachteil des Gerichtsstandortes Deutschland und deutscher Unternehmen.

Mit einer entsprechenden Änderung würde ausländische Parteien und Rechtsanwälten die Möglichkeit eröffnet, zusammen mit den deutsche Prozessparteien und Rechtsanwälten die Verfahren von den Kammern entweder in ihrer eigenen Sprache oder der ihnen geläufigen "lingua franca" des Wirtschaftsverkehrs zu führen.

Frage nach Bedarf wird gestellt

In Deutschland gebe es zahlreiche Richter, die die englische Sprache – einschließlich der Fachsprache – hervorragend beherrschten. Die Länderkammer ist der Meinung, dass ausländische Vertragspartner und Prozessparteien davor zurückschreckten, in einer fremden, für sie nur im Wege der Übersetzung indirekt verständlichen Sprache vor einem deutschen Gericht zu verhandeln.

Die Bundesregierung hinterfragt hingegen, ob und inwieweit für gerichtliche Verfahren dieser Art ein tatsächlicher Bedarf bestehe und inwieweit die neu einzurichtenden Kammern für internationale Handelssachen die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen würden.

Zudem könnte der Grundsatz der Öffentlichkeit mündlicher Verhandlungen tangiert sein, wenn der deutschsprachige Bürger beim Besuch einer Gerichtsverhandlung ihr nicht mehr zu folgen vermag – weil diese in englischer Sprache abläuft. (eis)

Zeit: Mittwoch, 9. November 2011, 14 Uhr
Ort: Berlin, Paul-Löbe-Haus, Sitzungssaal 4.300

Interessierte Besucher können sich beim Sekretariat des Ausschusses (Telefon: 030/227-32430, Fax: 030/227-36081, E-Mail: rechtsausschuss@bundestag.de) unter Angabe des Vor- und Zunamens sowie des Geburtsdatums anmelden. Zur Sitzung muss das Personaldokument mitgebracht werden.

Bild- und Tonberichterstatter können sich beim Pressereferat (Telefon: 030/227-32929 oder 32924) anmelden.

Liste der Sachverständigen