Katja Kipping, Die Linke.
Wie sähe für mich der Bundestag der Zukunft aus? Nun, auf keinen Fall so wie zur Konstituierung am 18. Oktober. Über 600 hoch bezahlte Menschen wurden damit beschäftigt, mit ineffizienten Wahlverfahren ihre Zeit zu vertun. Andere Länder zeigen, dass es dazu technische Alternativen gibt. Ein Bundestag der Zukunft sollte zudem fairer agieren. Wenn Bedenken gegen eine Person bestehen, sollte es zum guten Ton gehören, diese im Vorfeld zu signalisieren und nicht einfach in trotziger Manier einer Fraktion ihr Recht auf einen Vizepräsidenten streitig zu machen.
Der Bundestag soll zwei Prinzipien einer demokratischen Gesellschaft stärken, an denen sich Politik messen lassen muss. Das sind Transparenz und Bürgerbeteiligung. So könnten beispielsweise am Abend vor Plenarsitzungen Bürgerforen stattfinden, bei denen Vertreter von Regierung und Fraktionen Rede und Antwort stehen müssen.
Zweitens geht es um die Wiedergewinnung des politischen Raums für das Parlament. In den letzten Jahren hat eine Kompetenzabgabe der Legislative an Kommissionen stattgefunden, deren Vorschläge als alternativlos dargestellt werden. Der Beitrag des Bundestages beschränkt sich zunehmend auf das Abnicken von Regierungshandeln. Die Demokratie hat leider einen großen Ansehensverlust erlitten. Die Wahlerfolge neonazistischer Parteien zum Beispiel in Sachsen und bei der U18-Wahl sind dafür nur ein Indikator. Hier gilt es, aktiv zu werden und für eine Redemokratisierung des öffentlichen Diskurses zu sorgen, der Bundestag kann dazu einen wichtigen Beitrag leisten, unter anderem indem wir uns alle von der Ideologie der Alternativlosigkeit verabschieden und stattdessen in eine faire Auseinandersetzung über unterschiedliche Entwicklungspfade treten.
Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 01. Dezember 2005
E-Mail: katja.kipping@bundestag.de
Webseite: www.katja-kipping.de