Relikt aus der Zeit der deutschen Teilung: ehemaliger DDR-Grenzturm an der Elbe
© Babovic/Laif
18 Jahre Wiedervereinigung
Wie kein anderer deutscher Fluss steht die Elbe erst für die Spaltung und jetzt für die Einheit
Deutschlands. Wenn man 18 Jahre nach der Wiedervereinigung vom Elbsandsteingebirge
im Süden bis Hamburg im Norden die Elbe entlangreist, werden viele Erfolge, aber auch manche
Probleme der deutschen Einheit ganz unmittelbar erlebbar. An diesem Fluss liegt auch die
politische Heimat von zwei Bundestagsabgeordneten, die aufgrund ihrer Biografien einen
völlig unterschiedlichen Zugang zur Wiedervereinigung haben.
Das innere Feuer brennt noch.
Für den Dresdener Abgeordneten
Arnold Vaatz ist
die deutsche Einheit auch
18 Jahre nach dem 3. Oktober 1990
ein hoch emotionales Thema. „Es wurde
viel mehr erreicht, als ich mir je erträumt
hätte”, sagt er mit seiner ganzen
Überzeugungskraft. „Wenn ich an die
Zeit vor 1989 zurückdenke, kann ich
nur feststellen: Was geschehen ist, hätte
ich mir in meiner kühnsten Fantasie
nicht vorstellen können.”
Der frühere DDR-Bürgerrechtler
Vaatz, der seit 1998 als Mitglied der
CDU/CSU-Fraktion im Bundestag sitzt,
kann sich noch jeden Tag über die Freiheit
freuen, die von den Ostdeutschen
im Wendejahr 1989 erkämpft wurde.
„Ich habe mich nie damit abfinden können,
dass ich nicht frei war wie andere
und beispielsweise nicht dahin reisen
durfte, wohin ich wollte”, erinnert sich
Vaatz, der seit 2002 als stellvertretender
Vorsitzender der Unionsfraktion
auch für die neuen Länder zuständig ist.
„Oder dass ich nicht offen sagen durfte,
was ich dachte.”
Arnold Vaatz
© DBT/Werner Schüring
Für ihn ist die Freiheit noch immer
der alles überragende Wert, der mit dem
Sturz der DDR-Diktatur erkämpft wurde.
Materielle Fragen könnten demgegenüber
immer nur eine zweitrangige Rolle
spielen. „Die Menschen, die im Sommer
1989 über Ungarn in den Westen geflohen
sind, haben in der DDR alle materiellen
Werte zurückgelassen”, erinnert er
sich. „Sie wollten nur eines: die Freiheit.”
Der Dresdener räumt aber auch ein, dass viele Ostdeutsche seine ungebrochene
Freude
über die errungene Freiheit nicht
im gleichen Maße teilen. „Leider werden
die großen Erfolge der Einheit von vielen
Ostdeutschen nicht mehr ausreichend gewürdigt”,
bedauert der Unionspolitiker.
„Man blickt auf das, was nicht oder noch
nicht erreicht wurde, und vergisst dabei,
dass selbst die Erreichbarkeit dessen, was
heute Realität ist, vor 1989 unvorstellbar
war.”
Nach seiner Ansicht gibt es in
den neuen Ländern aber nur deshalb
eine gewisse DDR-Nostalgie, weil die
Menschen genau wüssten, dass die früheren
Verhältnisse niemals zurückkehren
werden. „Wenn auch nur die geringste
Möglichkeit bestünde, dass die SEDHerrschaft
wieder Wirklichkeit würde,
wäre mit der DDR-Nostalgie schlagartig
Schluss”, sagt Vaatz, der sich seit Herbst
1989 im Neuen Forum engagierte und
im Februar 1990 der CDU beitrat. „Das
gilt natürlich nicht für diejenigen, die in
der DDR ganz besondere Privilegien genossen.
Die werden auf ewig der untergegangenen
Diktatur nachtrauern.”
Teilung ganz Europas
Die politische Heimat von Arnold Vaatz
ist Dresden an der Elbe. Rund 600 Kilometer
flussabwärts liegt die politische
Heimat des jungen Abgeordneten Manuel
Sarrazin von Bündnis 90/Die Grünen,
der im Mai dieses Jahres für die neue
Hamburger Umweltsenatorin Anja
Hajduk in den Bundestag nachrückte.
Sarrazin war acht Jahre alt, als die
Mauer fiel, und anders als für Vaatz
ist für ihn die deutsche Einheit eine
Selbstverständlichkeit. „Als Kind war
für mich die DDR allerdings weiter weg
als Afrika”, räumt Sarrazin ein.
„Die Mauer hat doch schließlich ganz Europa in zwei Teile zerschnitten.”
Manuel Sarrazin
An das Einheitsjahr 1990 erinnert
er sich vor allem deshalb, weil er
damals mit seinem Vater eine Wette
abschloss, wer die Bundestagswahl gewinnt.
„Ich lag richtig, denn ich hatte
auf Helmut Kohl gesetzt.” Auch heute
empfindet er für die neuen Bundesländer
kein herausgehobenes Interesse und
sieht sie schlichtweg als normalen Teil
Deutschlands. Fragt man ihn nach persönlichen
Eindrücken aus den neuen Ländern,
überlegt er kurz und erinnert sich
an einen Besuch in Weimar.
Viel mehr als für die neuen Bundesländer
interessiert sich der junge
Grünen-Abgeordnete für die östlichen
Nachbarländer Deutschlands, besonders
für Polen. Bei einem Schüleraustausch
lernte er Mitte der 90er-Jahre in Warschau
eine junge Polin kennen, in die er
sich verliebte. „Die Freundin hat mittlerweile
gewechselt, aber mein Interesse an
Polen ist geblieben”, berichtet Sarrazin.
Regelmäßig fährt er in das Nachbarland
und pflegt dort intensive politische Kontakte.
Als er kürzlich mit polnischen Freunden den ehemaligen Mauerstreifen
in Berlin besichtigte, ärgerte er sich über
eine Gedenktafel, auf der nur an die
deutsche Teilung erinnert wurde. Ihm ist
es wichtig, dass man mit dem Mauerfall
nicht nur die Wiedervereinigung Deutschlands
verbindet, sondern auch die Wiedervereinigung
Europas. „Die Mauer
hat doch schließlich ganz Europa in zwei
Teile zerschnitten.”
Nicht nur die Berliner Mauer,
sondern
auch ein Teil des Flusses, an
dem Vaatz und Sarrazin ihre politische
Heimat haben, teilte Deutschland
und Europa jahrzehntelang in zwei
Teile. Zwischen Lauenburg im Norden
und Schnackenburg im Süden verlief
der Eiserne Vorhang mitten durch die
Elbe. Wie kein anderer Fluss stand sie
erst für die Teilung und jetzt für die
Einheit Deutschlands. Wenn man heute
vom Elbsandsteingebirge bis Hamburg
die Elbe entlangreist, werden viele Erfolge,
aber auch manche Probleme der
deutschen Einheit ganz unmittelbar
erlebbar.
Welle der Solidarität
Moment der Freiheit: Deutsche aus Ost und West feiern den Fall der Mauer am Brandenburger Tor
© ullstein bild/boness/IPON
Mehr als eine halbe Million Touristen
besuchen jedes Jahr das Elbsandsteingebirge
südöstlich von Dresden, eine der
schönsten Landschaften Deutschlands.
Wenn sie auf der berühmten Bastei hoch
über der Elbe stehen und hinabblicken
auf das malerische Flusstal, können sie
spüren, dass es bei der Einheit nicht
nur um politische und wirtschaftliche
Fragen geht, sondern auch um eine kulturelle Zusammengehörigkeit. Die nahe
gelegene Festung Königstein von August
dem Starken gehört zu Deutschland wie
der Königssee in Bayern oder der Königsstuhl
auf Rügen.
Als 2002 die Elbe und ihre Nebenflüsse
nach extremen Regenfällen über
die Ufer traten und katastrophale Zerstörungen
anrichteten, erfasste ganz
Deutschland eine Welle der Solidarität.
Sie blieb nicht folgenlos. In der Sächsischen
Schweiz präsentieren sich viele
Orte mittlerweile schöner als vor der
Katastrophe. Beliebte Ausflugsorte wie
das Amselgrundschlösschen im Kurort
Rathen wurden vorbildlich restauriert.
Seit Frühjahr 2007 verzaubert auch der
damals verwüstete Park um das herrschaftliche
Schloss Weesenstein wieder
seine Besucher.
Doch ausgerechnet in der Sächsischen
Schweiz gibt es seit einigen Jahren
ein gravierendes politisches Problem.
Zumindest in einigen Gemeinden ist
der rechtsradikalen NPD dort eine gewisse
gesellschaftliche Verankerung gelungen.
Zwar schnitt die Partei bei den
Kommunalwahlen im Juni dieses Jahres
schlechter ab als bei der Landtagswahl
2004, doch gelangen ihr mancherorts
erneut zweistellige Ergebnisse. Ausgerechnet
in Sachsen, das unter den ostdeutschen
Bundesländern fast durchweg
die besten Finanz- und Wirtschaftsdaten
aufzuweisen hat, konnte die rechtsextreme
Partei ihre größten Erfolge seit
Jahrzehnten erringen. Einige Landesund
Kommunalpolitiker wie der Pirnaer
Oberbürgermeister Markus Ulbig (CDU)
gehen das Problem offensiv an. So hat
Ulbig seit seinem Amtsantritt 2001 durch
zahlreiche Initiativen dafür gesorgt,
dass an Schulen, auf Festen und in
Jugendklubs über Ziele und Methoden
der Neonazis aufgeklärt wird.
Vorbei an Pirna, dessen Altstadt
nach der Überflutung im August 2002
ebenfalls umfassend restauriert wurde,
fließt die Elbe weiter nach Dresden.
Stolz erhebt sich seit einigen Jahren wieder
die Kuppel der Frauenkirche über
dem Elbpanorama. Der Wiederaufbau
vor allem durch private Initiativen wäre
ohne die Wiedervereinigung nie möglich
gewesen. Das gilt auch für die
Rekonstruktion
des barocken Grünen
Gewölbes, durch das „die schlimmste
Wunde der Museumsgeschichte Deutschlands
geschlossen” wurde, wie der Generaldirektor
der Staatlichen Kunstsammlungen,
Martin Roth, bei der
Wiedereröffnung im September 2006
sagte. Wenige deutsche Städte haben
unter dem Zweiten Weltkrieg und der
Teilung Deutschlands so gelitten wie
Dresden — und nirgendwo sonst wurden
die Chancen, die Deutschlands Einheit
seit 1990 bietet, auf so spektakuläre und für jedermann sichtbare Weise genutzt
wie in der sächsischen Landeshauptstadt.
Fehlende Steuerkraft
Einen ganz persönlichen Beitrag zur
Einheit leistete vor wenigen Jahren der
aus Dresden stammende und in Köln lebende
Maler Gerhard Richter, der zu den
erfolgreichsten Künstlern der Gegenwart
zählt. Als Dauerleihgabe stellte er der
Galerie Neue Meister im Dresdener
Albertinum rund vierzig Werke zur
Verfügung,
sodass dieses Museum nun
über die weltweit größte Sammlung seiner
Bilder und Objekte verfügt. Erneut
zeigte sich: Die deutsche Einheit ist nicht
nur eine Frage von Zahlen und Fakten,
sondern auch eines tiefen Gefühls der
Verbundenheit.
„Was sehen Sie heute fast überall in Ostdeutschland? Blühende Landschaften!”
Arnold Vaatz
Aber auch in Dresden gibt es
Schattenseiten. Obwohl sich die Stadt zu
einem Zentrum der Mikroelektronik entwickelt
hat und auch sonst eine gute wirtschaftliche
Entwicklung nimmt, beträgt
die Arbeitslosenquote noch immer mehr als zehn Prozent. Für die neuen Länder
ein guter Wert, aber trotzdem ein Grund
zur Sorge. Auch die Steuerkraft Dresdens
liegt deutlich unter der einer vergleichbaren
westdeutschen Stadt. Noch immer
spielen die Einnahmen aus den verschiedenen
Töpfen des Finanzausgleichs die
dominierende Rolle in den Landes- und
Kommunalhaushalten Ostdeutschlands.
Die Steuereinnahmen sind viel zu gering,
um die notwendigen Aufgaben aus
eigener Kraft zu finanzieren. Insgesamt
liegt die Steuerkraft der neuen Länder
nur bei knapp 38 Prozent der alten
Bundesrepublik.
Noch fließen die Mittel des Solidarpakts
II in die Haushalte der ostdeutschen
Länder und Gemeinden, doch
von 2009 an wird dieser jedes Jahr um
mehr als 700 Millionen Euro gekürzt,
um dann 2019 ganz auszulaufen. Ob
das Wirtschaftswachstum im Osten
stark genug sein wird, um dieses Minus
auszugleichen, ist höchst fraglich. Ostdeutsche
Kommunalpolitiker räumen
aber auch ein, dass die wichtigsten Infrastrukturinvestitionen mittlerweile zum
Großteil finanziert werden konnten.
Wenn Besucher aus Bayern oder anderen
westdeutschen Bundesländern im Osten
mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs
sind, wundern sie sich gelegentlich,
wie modern der Standard im Vergleich
zum eigenen Umfeld ist.
Manuel Sarrazin
© S. Kaminski/Fraktion B'90/Die Grünen
Wie viel sich seit 1990 zum Guten
gewandelt hat, wird auch an der Elbe
nördlich von Dresden deutlich. Traditionsreiche
Städte wie Meißen, Torgau
oder die Lutherstadt Wittenberg erstrahlen
in neuem altem Glanz. Manchmal
ist ein Blick auf Fotos aus der Zeit vor
1990 notwendig, um sich in Erinnerung
zu rufen, wie bedroht die historische
Bausubstanz in der DDR war. Hätte
der SED-Staat noch einige Jahre weiter
existiert, wäre vieles unwiederbringlich
verloren gewesen.
Ökologische Erfolgsstory
Dramatisch verbessert hat sich seit
1990 auch die ökologische Situation in
Ostdeutschland. Allein der penetrante
Braunkohlegeruch stellte eine massive
Beeinträchtigung der Lebensbedingungen
in der DDR dar. Unter ökologischen
Gesichtspunkten ist die deutsche Einheit
eine fast makellose Erfolgsgeschichte.
Auch das Wasser der Elbe ist sehr viel sauberer
als vor 18 Jahren. Jahrzehntelang
wurde der Fluss auch durch die giftigen
Abwässer des Chemiedreiecks von
Leuna, Buna und Bitterfeld verschmutzt.
Das ist nun Vergangenheit. Und mit
staatlichen Fördergeldern von rund fünf
Milliarden Euro ist es gelungen, den
traditionsreichen Standort auch unter
marktwirtschaftlichen Bedingungen zu
erhalten. „Die Chemieindustrie gehört
zu den Wachstumstreibern im Osten
und ist eine echte Erfolgsstory”, sagte
der Konjunkturexperte des Instituts für
Wirtschaftsforschung Halle (IWH), Udo
Ludwig. Nach der Ernährungswirtschaft
und dem Automobilbau habe sich die
Branche mit zuletzt zweistelligen Wachstumsraten zum drittgrößten Industriezweig
in den neuen Ländern entwickelt.
Schattenseiten der Wiedervereinigung: Die Arbeitslosigkeit im Osten ist doppelt so hoch wie in der alten Bundesrepublik
© ullstein bild/boness/IPON
Doch insgesamt liegt die Wirtschaftsleistung
pro Kopf der Bevölkerung
im Osten noch immer nur bei rund zwei
Dritteln des westdeutschen Wertes.
Fast jeder dritte Euro, der in den neuen Ländern ausgegeben wird, wurde nicht
dort erwirtschaftet, sondern stammt
aus Transferleistungen. Eine Änderung
ist nicht in Sicht, denn seit dem Einheitsboom
Anfang der 90er-Jahre, der
vor allem auf den Nachholbedarf bei
Konsumgütern zurückzuführen war,
lagen die Wachstumsraten in Westdeutschland
fast immer höher als in den
neuen Ländern. Anstatt sich zu schließen,
hat sich die wirtschaftliche Schere
zwischen Ost und West seit 1995 weiter
geöffnet.
Besonders deutlich wird dies bei
der Arbeitslosigkeit, die in den neuen
Ländern noch immer doppelt so hoch ist
wie in der alten Bundesrepublik. Lag die
Quote im Juli 2008 im Westen bei 6,4
Prozent, betrug sie im Osten 12,8 Prozent.
„Verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit als
Zeichen hoher Strukturschwäche gilt
als kennzeichnend für die besondere
Situation Ostdeutschlands”, räumt auch
der Ostbeauftragte der Bundesregierung,
Bau- und Verkehrsminister Wolfgang
Tiefensee (SPD), in seinem Jahresbericht
2007 zum Stand der Deutschen Einheit
ein. Die Arbeitsmarktreformen der vergangenen
Jahre zeigen zwar auch im
Osten Wirkung, doch leider viel verhaltener
als in der alten Bundesrepublik.
Demografischer Wandel
Nördlich von Magdeburg durchquert
die Elbe einige der besonders strukturschwachen
Gebiete Ostdeutschlands: die
Altmark in Sachsen-Anhalt oder auch
die brandenburgische Prignitz. In Wittenberge
erinnert der Turm des 1991
stillgelegten Nähmaschinenwerks — immerhin
die größte freistehende Turmuhr auf dem europäischen Festland — an vergangene
industrielle Blütezeiten. Dramatisch
ist in Wittenberge der demografische
Wandel: Hatte die Stadt 1989 noch
mehr als 30.000 Einwohner, so sind es
mittlerweile weniger als 20.000. Mit Ausnahme
des Berliner Umlands geht die
Bevölkerungszahl überall in den neuen
Ländern kontinuierlich zurück. Besorgniserregend
ist der Trend auch deshalb,
weil vor allem junge und gut ausgebildete
Ostdeutsche ihre Heimat verlassen.
© DBT
150 Kilometer flussabwärts zeigt
sich schon wieder ein ganz anderes Bild.
Wie kaum eine andere westdeutsche
Großstadt hat Hamburg seit 1990 von
der Einheit profitiert. Die Hansestadt ist
von einer Randlage wieder in die Mitte
Norddeutschlands gerückt. Schnell ist man
von Hamburg nun auch in der Hauptstadt:
Die Fahrzeit mit dem Zug nach Berlin
hat sich durch die neue ICE-Strecke — eines
der 17 zentralen „Verkehrsprojekte
Deutsche Einheit” — seit 1990 von vier auf eineinhalb Stunden verkürzt. Wie
sehr Hamburg boomt, macht eine simple
Zahlenrelation deutlich: Obwohl die
Hansestadt nur halb so viele Einwohner hat
wie Berlin, lag ihr Bruttoinlandsprodukt
2007 mit 89 Milliarden Euro um mehr als fünf Milliarden Euro über dem der
Bundeshauptstadt. Der Vergleich zeigt
auch, wie groß die Strukturunterschiede
zwischen Ost und West noch immer sind.
Im Zweiten Weltkrieg zerstört, 1994 bis 2005 wieder aufgebaut: die Frauenkirche in Dresden
© DBT/studio kohlmeier
Am 3. Oktober 2008 wird die deutsche
Einheit volljährig — und die Deutschen
haben Grund, trotz aller Probleme
auf das Erreichte stolz zu sein. Alles in
allem kann die Wiedervereinigung als
Erfolgsgeschichte
gelten. Das Gefühl der
Zusammengehörigkeit und Solidarität
zwischen Ost und West ist ungebrochen.
Und dass ein junger Hamburger
wie Manuel Sarrazin, für den als Kind
die DDR weiter weg war als Afrika, die
Einheit als bare Selbstverständlichkeit
empfindet, macht ebenfalls deutlich,
dass vieles gut gelungen ist beim Zusammenwachsen
Deutschlands.
Arnold Vaatz ist sogar überzeugt,
dass ein besonders umstrittenes Wort
von Helmut Kohl mittlerweile vollauf bestätigt
wurde. „Was sehen Sie fast überall,
wenn Sie heute durch Ostdeutschland
fahren und das Land schon in den 80er-Jahren kannten?”, fragt der Unions-Fraktionsvize. „Blühende Landschaften!”
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Text: Joachim Riecker
Erschienen am 24. September 2008
Zur Person:
Arnold Vaatz (CDU/CSU), Jahrgang 1955, ist seit 1998 Mitglied
des Bundestages, seit 2002 stellvertretender
Fraktionsvorsitzender. Der gelernte
Diplom-Mathematiker verweigerte in der
DDR den Reservewehrdienst und trat
1989 ins Neue Forum ein. In Sachsen
war er 1990 bis 1991 Chef der Staatskanzlei
und 1992 bis 1998 Staatsminister
für Umwelt und Landesentwicklung.
E-Mail: arnold.vaatz@bundestag.de
Website: www.arnold-vaatz-mdb.de
Manuel Sarrazin (Bündnis
90/Die Grünen), Jahrgang 1982, ist seit
2008 Mitglied des Bundestages. 2004
bis 2008 war er Mitglied der Hamburgischen
Bürgerschaft und Sprecher der
GAL-Fraktion für Europa, Internationales
und Jugendbeteiligung. Er studiert Geschichte,
Osteuropastudien und Jura und
ist stellvertretender Landesvorsitzender
der Europa Union Hamburg e. V.
E-Mail: manuel.sarrazin@bundestag.de
Website: www.manuel-sarrazin.de
Aus dem Jahresbericht der Bundesregierung zum Stand der deutschen Einheit 2007
„Der Angleichungsprozess zwischen Ost und West kommt wieder voran.
Trotz dieser Entwicklungen ist der Abstand zur Wirtschaftskraft der alten
Bundesländer allerdings immer noch beträchtlich. Die Wirtschaftsleistung
pro Kopf der Bevölkerung lag im Jahr 2006 erst bei rund zwei Dritteln
(67,3 Prozent) des westdeutschen Wertes, die Steuerkraft der neuen Länder bei
37,8 Prozent der westdeutschen Steuerkraft und die Arbeitnehmereinkommen
bei 77 Prozent des Westeinkommens. Die neuen Bundesländer sind mit einigen
strukturellen und sozialen Herausforderungen wie dem demografischen
Wandel und der verfestigten Langzeitarbeitslosigkeit in besonderem Maße
konfrontiert.”
www.bmvbs.de/beauftragter