Rainder Steenblock: Ich lese gerade „Der Schwarm“ von Frank Schätzing.

Ich lese in der Regel mehrere Bücher parallel. Oftmals ergibt sich das einfach. Ich vergesse ein Buch in Berlin und fange zu Hause dann wieder ein neues an. Das Buch, das ich hier vorstellen möchte, ist jedoch so dick, dass ich es erst gar nicht auf Reisen mitgenommen habe.

Es gibt Bücher, da freue ich mich darauf zu erfahren, wie die Geschichte endet. „Der Schwarm“ von Frank Schätzing ist etwas anders. Bei diesem Buch habe ich mich gefreut, es mit seinen tausend Seiten nicht so bald aus der Hand legen zu müssen. Denn das ist es, was das Lesen für mich bedeutet: Die erzählten Geschichten werden Teil meiner Gedanken. Sie gehören für eine kurze Zeitspanne sehr intensiv zu meinem Leben und manche bleiben mir lange präsent.

„Der Schwarm“ beginnt mit einem peruanischen Fischer. Was ihn das Leben kostet, wird sehr bald zu einer unheimlichen und existenziellen Bedrohung für den gesamten Planeten.

Frank Schätzing versteht es in diesem Buch überaus geschickt, Fiktion mit Realität zu verweben. Das gelingt ihm nicht zuletzt auf Grund seiner außerordentlich soliden Hintergrundrecherche. Er beschreibt Dinge, die ich aus meiner Tätigkeit als schleswig-holsteinischer Umweltminister selber kenne, wie die Ausweisung von Schutzgebieten auf dem Meer und die hervorragende Arbeit des GEOMAR in Kiel. Darüber hinaus erfährt der naturwissenschaftlich interessierte Leser sehr viel über den aktuellen Stand der Klimaforschung, Wissenswertes über die Tiefseeökologie und über Methanhydrat als Energieträger der Zukunft. Eine intelligente Lebensform in der Tiefsee erscheint plötzlich durchaus vorstellbar.

Ohne reißerisch zu wirken oder in simple Klischees von Gut und Böse zu verfallen, gelingt es Schätzing auch, die Interessensgegensätze zwischen Umwelt und Wirtschaft abzubilden und daraus ein eindringliches Plädoyer für die globale Nachhaltigkeit zu entwickeln. Auch wenn es Fiktion ist, so ist der Roman so spannend, dass die Geschichte schon fast wieder glaubwürdig ist.

Frank Schätzing, „Der Schwarm“, Kiepenheuer & Witsch, Köln 2004, 998 Seiten.

Foto: Deutscher Bundestag
Erschienen am 17. August 2005