Sollten nach dem Motto „Wer kontrolliert die Kontrolleure“ staatliche Aufsichtsbehörden nicht doch besser auch von Parlamenten kontrolliert werden? Oder wie wäre es mit der Erteilung von „gelben Karten“ für die Verletzung demokratischer Standards? Und wie könnten die Bürger auf elektronischem Wege zu einer wieder höheren Beteiligung an der Politik gewonnen werden? Die Fragen stammen aus den Beratungen bei einer der letzten Parlamentspräsidentenkonferenzen. Und sie belegen, dass gemeinsame Überlegungen über die nationalen Grenzen hinweg durchaus zu neuen Erkenntnissen führen können.
Ein wiederholt aufgegriffenes Thema bei diesen Zusammenkünften ist der Weg zur europäischen Einigung mit den verschiedenen Aspekten und Auswirkungen der EU-Verfassung. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse sagte bei der jüngsten „großen“ Konferenz in Straßburg im Mai, dass entscheidend für die Identifikation der Bürger mit der EU eine spürbare Stärkung der Rolle des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente sei, um den Prinzipien der Subsidiarität, der gesteigerten Transparenz der Entscheidungen und der europäischen Öffentlichkeit als Grundlagen des politischen Zusammenwirkens innerhalb der EU zur Geltung zu verhelfen. Leitgedanke sei das „Europa der Bürger“.
Auch bei der „kleinen“ Konferenz im Juli in Den Haag zeigte sich, wie wichtig solche regelmäßigen Treffen der Parlamentsleitungen sind, damit gemeinsame Strategien angesichts neuer Herausforderungen entwickelt werden können. Denn die verstärkten Möglichkeiten, EU-Vorhaben daraufhin zu überprüfen, ob die jeweilige Materie wirklich auf dieser Ebene geregelt werden muss oder ob sie nicht besser auf einer der niedrigeren nationalen, regionalen oder lokalen Ebenen („Subsidiaritätsprinzip“) angesiedelt sein sollte, sind mit einem engen Zeitfenster verbunden. Damit ein dafür notwendiges „Frühwarnsystem“ auch funktioniert, ist es sinnvoll, dass nicht jedes nationale Parlament für sich allein alle Vorhaben im Blick zu halten versucht, sondern dass die Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten und ihren Fachausschüssen ausgebaut wird. Natürlich eine wichtige Aufgabe für alle Präsidenten der Parlamente in der Europäischen Union. Vorbeugende Koordination zwischen den Parlamenten könnte hier dazu führen, dass die europäischen Entscheidungen durchschaubarer werden und näher an den Bürger rücken.
Ein Dauerbrenner der Parlamentspräsidenten ist eine bessere Aufklärung der Öffentlichkeit. Wer kann auf diesem Feld Fortschritte vorweisen? Wie hat er das gemacht? Was lässt sich davon auf andere Parlamente übertragen? Ein Blick über die Grenzen lohnt sich im Interesse der Bürger allemal.
Text: Gregor Mayntz
Foto: picture-alliance
PPK in Kürze:
Regelmäßig treffen sich die Präsidenten der Parlamente in Europa, damit sie Meinungen, Informationen und Erfahrungen austauschen können, damit sie Forschungsaktivitäten fördern und gemeinsame Aktionen entwickeln können. Dabei geht es unter anderem um die Rolle der Parlamente, um die Organisation parlamentarischer Aufgaben und um die Formen und Instrumente interparlamentarischer Zusammenarbeit. Das Treffen firmiert unter dem Kürzel PPK (Parlamentspräsidentenkonferenz). Länder mit zwei Kammern sind mit den Präsidenten beider Kammern vertreten.
Alle zwei Jahre trifft sich die so genannte „Große PPK“. Sie umfasst die Parlamentspräsidenten aus den 45 Mitgliedstaaten des Europarates und den drei Beobachterstaaten Kanada, Israel und Mexiko sowie den Präsidenten der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, der Versammlung der Westeuropäischen Union und des Europäischen Parlaments.
Jedes Jahr kommt die so genannte „Kleine PPK“ zusammen. Sie setzt sich zusammen aus den Parlamentspräsidenten aus den 25 EU-Mitgliedstaaten, dem Präsident des Europäischen Parlaments sowie als Gästen den Präsidenten der Parlamente in den Beitritts- und Kandidatenländern der Europäischen Union.
Die „Große PPK“ tagt im Wechsel einmal in Straßburg und einmal in einem Mitgliedsland des Europarates, die „Kleine PPK“ abwechselnd in einem Mitgliedsland der Europäischen Union. Konferenzsprachen sind bei der „Kleinen PPK“ die Amtssprachen der EU, bei der „Großen PPK“ außer Englisch, Französisch, Deutsch und Italienisch auch noch Russisch.
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