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Gültig ab: 13.09.2004 00:00
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Symbole für eine dynamische Verfassung

Faksimile des Grundgesetzes
Faksimile des Grundgesetzes.

Faksimileausgaben des Grundgesetzes

Kurz nach der Unterzeichnung des Grundgesetzes wurden von der Urschrift zwei Faksimileausgaben in einer Auflage von 310 Exemplaren hergestellt. Eines dieser Faksimiles wird vor der Abgeordnetenlobby im Reichstagsgebäude gezeigt. Urschrift und Faksimiles werden heute zeremoniell bei Vereidigungen verwendet und stehen symbolisch für einen demokratisch-parlamentarischen Staat.

Zwischen all den berühmten Kunstwerken im Reichstagsgebäude nimmt sich die kleine Vitrine auf der Plenarebene, die das Faksimile des Grundgesetzes enthält, geradezu bescheiden aus. Dabei steht konträr zur schmucklosen Nüchternheit der aufgeschlagenen Faksimileausgabe des „Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland“ dessen fundamentale Bedeutung für unsere Demokratie.

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23. Mai 1949, ursprünglich als „Provisorium“ gedacht, wurde am 8. Mai 1949 im Parlamentarischen Rat verabschiedet, am 12. Mai von den westlichen Alliierten genehmigt und am 23. Mai 1949 in einer Feierstunde unterzeichnet. Es garantiert seitdem erfolgreiche parlamentarische und rechtsstaatliche Demokratie auf deutschem Boden.

Textausgaben und Übersetzungen

Unmittelbar nach seiner Unterzeichnung wurden vom Grundgesetz erste Textausgaben für die politische Bildungsarbeit herausgegeben. Bis heute gibt es ungezählte Auflagen, Ausgaben und Übersetzungen des Grundgesetzes. Neben den schlichten Textausgaben sind schon 1949 verschiedene Faksimileausgaben von der am 23. Mai 1949 unterzeichneten Urschrift des Grundgesetzes hergestellt worden.

Faksimiles übernehmen die Aufgabe, ihrem Leser und Betrachter etwas von der Aura und dem Nimbus des „Originals“ zu vermitteln. Das gilt insbesondere dann, wenn das „Original“ der Öffentlichkeit nicht oder nur selten gezeigt wird, wie im Falle der Urschrift des Grundgesetzes. Sie wurde bislang nur einmal, und zwar 1969 in einer Ausstellung anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Bundesrepublik Deutschland im Bonner Bundeshaus gezeigt. In anderen Ausstellungen zum Beispiel zur Vor- und Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland sind immer faksimilierte Ausgaben des Grundgesetzes zu sehen. Die Urschrift des Grundgesetzes hat lediglich für die Anfertigung diverser Faksimileausgaben das Bundestagsgebäude in Bonn oder seit 1999 in Berlin verlassen. Denn die Ausfertigung des Grundgesetzes befindet sich im Besitz des Bundestages und wird vom Direktor beim Deutschen Bundestag aufbewahrt.

Derselbe Druckereibetrieb, der die handwerklich aufwändige Urschrift des Grundgesetzes herstellte, die Buchdruckerei Rudolf Stodieck in Bonn, fertigte unmittelbar nach Unterzeichnung des Grundgesetzes auf Wunsch des Präsidenten des Parlamentarischen Rates, Konrad Adenauer (CDU), zwei verschiedene Faksimileausgaben in einer Auflage von insgesamt 310 Exemplaren. Eines dieser Faksimiles aus dem Jahre 1949 – im Unterschied zur Urschrift nicht in Pergament, sondern in rotem Kunstleder eingebunden – wird seit Oktober 2003 vor der Abgeordnetenlobby gezeigt.

Es ist besonderer Ausdruck parlamentarischer Kultur und zugleich Spiegelbild des politisch-demokratischen Selbstverständnisses des Bundestages, das Grundgesetz in seiner Urschrift oder auch als Faksimile öffentlich zu präsentieren. Wurde und wird die Urschrift zur Vereidigung von Bundespräsident und Bundeskanzler vorgelegt, so werden üblicherweise bei den Vereidigungen der Bundesminister Faksimileausgaben des Grundgesetzes verwendet.

Nach 1949 wurden weitere Faksimileausgaben veröffentlicht: 1956 hat der Bundestag eine teilfaksimilierte Ausgabe des Grundgesetzes – ebenfalls in rotem Kunstleder eingebunden – herausgegeben. Anlässlich des 20-jährigen Bestehens der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1969 überreichte Bundestagspräsident Kai-Uwe von Hassel (CDU) eine in Pergament gebundene Faksimileausgabe des Grundgesetzes jenen Abgeordneten des Bundestages, die auf eine 20-jährige Tätigkeit als Abgeordnete zurückschauen konnten. Bundestagspräsidentin Annemarie Renger (SPD) ließ für die Teilnehmer der 6. Bundesversammlung anlässlich der Wahl von Bundespräsident Walter Scheel am 23. Mai 1974 eine Faksimileausgabe des Grundgesetzes fertigen. 1989 – zum 40-jährigen Bestehen des Grundgesetzes – wurde eine Faksimileausgabe hergestellt, von der 1993 Nachdrucke angefertigt wurden.

Werbung für das Grundgesetz

Sieht man von dem Faksimile des Jahres 1956 einmal ab, so stand deren sonstige Herausgabe im Kontext von Jubiläen. Diese dienten zweierlei: Mit dem Gedenken warb einerseits die Politik für das Grundgesetz, andererseits nutzten Wissenschaftler verschiedener Disziplinen die Gelegenheit, sich mit der Geschichte und Wirkungsgeschichte des Grundgesetzes zu befassen, mithin Bilanz zu ziehen.

Mittels der Faksimiles gelang es, wenn auch nur unbeabsichtigt, der Urschrift des Grundgesetzes Symbolcharakter zuzuschreiben. Die Urschrift des Grundgesetzes sowie die Faksimiles sind nicht mehr nur gegebenenfalls verzichtbare Attribute des Zeremoniells bei Vereidigung von Präsident, Kanzler oder Ministern, sondern sie stehen symbolisch für einen seit über fünf Jahrzehnten bewährten demokratisch-parlamentarischen Staat auf deutschem Boden. Und nicht nur das: Auch die friedliche Revolution der Bevölkerung der DDR im Herbst 1989 vollzog sich im Zeichen der Grundwerte, die Kern der Verfassung sind.

Daran erinnert in den Bundestagsgebäuden auch das Kunstprojekt von Dani Karavan außerhalb des Jakob-Kaiser-Hauses, zur Spree-Seite. Dem Betrachter werden in der Fassung der Urschrift von 1949 die ersten 19 Artikel des Grundgesetzes auf Glaswänden zur Lektüre angeboten. Diese Artikel umfassen den Grundrechtskatalog, der bekanntlich mit den schlichten, aber maßgeblichen Worten in Artikel 1 Absatz 1 beginnt: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Bis heute (2004) ist das Grundgesetz durch insgesamt 51 Gesetze geändert worden. Das führt uns vor Augen, dass das Grundgesetz nicht als etwas Statisches, sondern als etwas Dynamisches verstanden werden muss.

Text: Michael F. Feldkamp
Foto: Deutscher Bundestag


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