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Gültig ab: 29.06.2006 13:57
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Bild: Unser Kandidat während einer SPD-Fraktionssitzung mit Bundeskanzler Willy Brandt 1972.
Unser Kandidat während einer SPD-Fraktionssitzung mit Bundeskanzler Willy Brandt 1972.

Schreckliche Lehre der Diktatur

Wer war’s? fragt BLICKPUNKT BUNDESTAG und lädt Sie ein, Persönlichkeiten der Parlamentsgeschichte wieder zu begegnen. In jeder Ausgabe stellen wir jeweils ein Mitglied des Bundestages vor, das in der Geschichte Deutschlands eine bedeutende Rolle gespielt hat. Sein Name wird nicht genannt. Lüften Sie sein Inkognito und gewinnen Sie eine Reise für zwei Personen nach Berlin.

Er wurde gefürchtet und verehrt: Seine zornigen Ausbrüche verschonten kaum einen der politisch Mächtigen, auch nicht den eigenen Kanzler. Für die kleinen Leute, die Ohnmächtigen, die sich Hilfe suchend an ihn wandten, hatte er aber immer ein Ohr. Der Mann, der die deutsche Geschichte entscheidend mitgeprägt hat, wurde am 11. Juli 1906, vor 100 Jahren, geboren.

Im November 1918, als das Kaiserreich zusammenbricht, dreht ein zwölfjähriger Chorknabe der Kirchengemeinde Dresden-Striesen das im Gemeindesaal hängende Bildnis des Monarchen mit dem Gesicht gegen die Wand. Für den Sohn eines Schuhmachers und einer Schneiderin ist dies ein Zeichen des Protestes gegen die alte Ordnung und die Folgen des Krieges. Einige Jahre später, in den unruhigen Zeiten Anfang der Zwanziger, beginnt der Realschüler sich politisch zu engagieren und tritt 1923 als 17-Jähriger zunächst in die Jugendorganisation der SPD, der Partei seines Vaters, ein. Doch die scheint ihm zu nachgiebig im Kampf gegen rechts. Er schließt sich einer anarchistischen Gruppe an, verliert wegen seiner politischen Agitation seine Stelle als Kontorist bei der Firma Zeiss-Ikon und landet 1927 bei der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) – eine Entscheidung, mit der er sich sein Leben lang auseinander setzen wird.

Sein Einsatz und seine rhetorischen Fähigkeiten bringen ihn in der Partei schnell voran, für kurze Zeit wird er auch Landtagsabgeordneter. 1933 geht er dann in den Untergrund, zwei Jahre später ins Exil. Über Prag und Paris kommt er 1937 nach Moskau. In Zusammenhang mit der Verhaftung Ernst Thälmanns durch die Nationalsozialisten strengt die Kommunistische Internationale ein Untersuchungsverfahren gegen ihn an, was zur Zeit der stalinistischen Schauprozesse akute Lebensgefahr bedeutet. Das Verfahren wird 1939 eingestellt. Seine Rolle in der Moskauer Zeit ist nicht bis ins Letzte geklärt. Der Historiker und frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Hartmut Soell stellt später dar, dass der Beschuldigte der Geheimpolizei NKWD Namen von Genossen lieferte, die sich angeblich schuldig gemacht hatten. Soell meint, dieser vermutliche Verrat habe bei ihm Schuldgefühle ausgelöst, „weil er in jenes zum Inquisitionsritual gehörende Netz von Anklagen, Gegenanklagen, Denunziationen und Selbstbezichtigungen geraten und dadurch zum Mittäter geworden war“.

Durch seine spätere Arbeit in der SPD versucht er, aus den bitteren Erfahrungen der Geschichte zu lernen und am Aufbau der Bundesrepublik mitzuarbeiten. 1959 sagt er in seinem Plädoyer für das Godesberger Programm, das die Wandlung der alten sozialistischen Arbeiterpartei zu einer modernen Volkspartei besiegelt: „Ich gehöre zu den Gebrannten... Ich habe unter den Schlägen der Diktatur vieles gelernt, habe dafür vieles nachzuzahlen und tue das für diese Partei.“

Er ist inzwischen stellvertretender Vorsitzender dieser Partei, der er 1946 beigetreten ist. Ihr Vorsitzender Kurt Schumacher hatte den Exkommunisten nach eingehender Überprüfung aufgefordert, 1949 für den ersten Bundestag zu kandidieren. Dort hilft er – ohne dass die Öffentlichkeit davon erfährt – unter anderem als Vorsitzender des Gesamtdeutschen Ausschusses politisch bedrängten Menschen jenseits der Zonengrenze. 1960 signalisierte er mit einer wegweisenden Rede, dass die SPD die lange Zeit bekämpfte Bindung der Bundesrepublik an den Westen akzeptiert. 1966 gehört er zu den Architekten der großen Koalition. Er übernimmt in der vom ehemaligen NSDAP-Mitglied Kurt-Georg Kiesinger geführten Regierung das Ministerium für gesamtdeutsche Fragen, wo er sich persönlich für den Freikauf politischer Häftlinge aus der DDR einsetzt.

1969 wird er Vorsitzender der Bundestagsfraktion und damit nach seinen eigenen Worten zum „Kärrner“, der den Karren zieht, solange der das will. 1983, nach 44 Jahren ununterbrochener Mitgliedschaft im Bundestag, gönnt sich der schon lange Zuckerkranke im Alter von 76 Jahren endlich den Feierabend, den er nach eigenem Bekunden sein Leben lang ersehnte, den er jedoch nicht mehr lange genießen kann. Er verfällt einer schweren Demenzkrankheit und stirbt, bis zuletzt aufopferungsvoll gepflegt von seiner Frau Greta, am 19. Januar 1990 in seinem Bonner Reihenhaus.

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Einsendeschluss: 25. Juli 2006.
Unter den richtigen Einsendungen werden fünf Preise verlost. Der Hauptgewinn ist eine Reise für zwei Personen nach Berlin.

Die Lösung unseres Rätsels in Heft 5/06 lautet: Gustav-Adolf „Täve“ Schur.
Eine Reise nach Berlin hat Claus Friedrich aus Halle (Saale) gewonnen.


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