Die Bundestagsmitarbeiterin Vesna Popovic kommt kaum noch nach mit dem Händeschütteln:
Ununterbrochen spuckt der Aufzug des modernen Brüsseler Bürogebäudes Gäste aus, mindestens acht
auf einmal. Und jeden einzelnen begrüßt sie mit einem Lächeln. „Guten Abend! Schön, dass Sie da sind”, sagt
die Frau mit den blonden Locken und dem dunkelroten Hosenanzug.
Frau Popovic ist stellvertretende Leiterin des Referats Europa des Bundestages. Sie arbeitet aber nicht am
Sitz des Bundestages in Berlin, sondern in Brüssel. Anfang Februar hat sie gemeinsam mit Referatsleiter Sven
Vollrath und einem kleinen Mitarbeiterteam einen feierlichen Empfang in der belgischen Hauptstadt organisiert:
Zur offiziellen Eröffnung des neuen Verbindungsbüros des Bundestages am wichtigsten Standort der Europäischen
Union. Drei Mitarbeiter aus der Bundestagsverwaltung und sechs aus den Fraktionen werden künftig als
„Frühwarndienst” beobachten, welche politischen Fragen in der Europäischen Kommission, dem EU-Ministerrat
und dem Europäischen Parlament sowie bei Stiftungen und Interessenverbänden diskutiert und welche Entscheidungen auf den Weg
gebracht werden. „Die Mitarbeiter hier sollen aber nicht nur ein Horchposten sein, sondern ihre Informationen
auch nach Berlin weiterleiten”, erläutert Bundestagspräsident Norbert Lammert beim Empfang. Bislang
hätten manche europäischen Entscheidungsprozesse den Bundestag erst erreicht, als sie nicht mehr beeinflussbar
waren. „Es ist wichtig, dass wir künftig rechtzeitig ins Spiel eingreifen”, sagt Lammert. Nur so könne
der Bundestag seine Mitwirkungs- und Kontrollrechte bei der europäischen Gesetzgebung gegenüber der Bundesregierung
wahrnehmen.
Eingeladen zur Eröffnung sind Abgeordnete aus dem Bundestag und aus dem Europäischen Parlament, Vertreter
der Kommission sowie verschiedener Verbände und Organisationen. Wartende reichen Mäntel,
Jacken, Schultertaschen und Rucksäcke an die Garderobenfrauen. Kellner balancieren volle Tabletts. „Wasser,
Saft, Sekt, Rot- oder Weißwein?”
Dichtes Netzwerk
Dass der Bundestag jetzt im Herzen Europas präsent ist, kommt an hier in Brüssel. Das wird schon am Nachmittag
deutlich. Da nämlich hat der Fernsehsender Phoenix anlässlich der Eröffnung zu einer Diskussionsrunde geladen,
und die Podiumsgäste sind sich grundsätzlich einig: Die Bundestagsaußenstelle im Brüsseler EU-Viertel ist
sinnvoll. So freut sich beispielsweise EU-Industriekommissar Günter Verheugen, dass das deutsche Parlament
in der Europapolitik künftig stärker zu Wort kommen will. Auch wenn die „Vielstimmigkeit Deutschlands”
immer wieder beklagt werde, meint Verheugen, „es ist eben ein Stück lebendige europäische Geschichte,
dass Deutschland nicht immer mit einer Stimme spricht.”
Mit dem Büro in Brüssel soll ein dichtes Netzwerk entstehen. Dazu trägt auch die enge Zusammenarbeit
zwischen den Parlamenten innerhalb der EU bei. So kommen am Tag der Eröffnung des Verbindungsbüros
Abgeordnete aus den 27 EU-Mitgliedsstaaten zum Dritten Gemeinsamen Parlamentarischen Treffen zur
Lissabon-Strategie in Brüssel zusammen. Das zweitägige Gesprächsforum von Europäischem Parlament und nationalen Parlamenten hat der Bundestagsausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union gemeinsam mit dem Verbindungsbüro vorbereitet. Vor Ort sind auch Bundestagspräsident Norbert Lammert und Vizepräsidentin Susanne Kastner sowie Europapolitiker der Bundestagsfraktionen.
Mittlerweile ist es kurz vor neun an diesem Februarabend in Brüssel. Der Empfang heute ist vorüber — und für die Mitarbeiter im Verbindungsbüro beginnt nun die eigentliche Arbeit. Denn Berlin wartet darauf, dass Brüssel berichtet.
Text: Mirjam Stöckel
Fotos: Deutscher Bundestag, Picture-Alliance
Erschienen am 22. März 2007
Verbindungsbüro des Deutschen Bundestages in Brüssel Square de Meeûs 40 B-1000 Brüssel
Tel.: (00 32) 2 5044 385
Fax: (00 32) 2 5044 398
E-Mail: verbindungsbuerobruessel@bundestag.de