> Glasklar > Erzählen
„Beim Thema europäische Einigung muss ich immer an dieses Erlebnis denken: 1970 — ich war damals 17 — bin ich mit ein paar Freunden nach Frankreich gefahren. Mit dabei war ein Mädchen, das ich ganz toll fand. Sie war mit ihren Eltern aus der DDR geflüchtet und hatte noch keinen bundesdeutschen Personalausweis. Und weil ihr DDR-Pass an der deutsch-französischen Grenze nicht anerkannt wurde, bin ich mit ihr im Zug zur nächsten Grenzstation gefahren und habe sie dort mit dem Reisepass eines anderen Mädchens aus der Gruppe über die Grenze „geschmuggelt”. Das war natürlich eine prima Gelegenheit, ihr ein wenig zu imponieren. Ehrlich gesagt hatte ich auch etwas Angst, bei dieser Aktion erwischt zu werden.
Heute muss ich schmunzeln, wenn ich diese Geschichte erzähle. Vor allem die Jüngeren können sich ja kaum noch vorstellen, dass Grenzkontrollen und Probleme, ein Visum zu bekommen, einmal europäische Realität waren. Heute hat man so viele Chancen, in anderen EU-Ländern frei zu leben, zu arbeiten, zu studieren. Das ist — neben dem Frieden natürlich — eine der großen Errungenschaften Europas.
Dass die europäische Einigung der richtige Weg ist, um den großen Traum vom Frieden zu verwirklichen, daran habe ich nie gezweifelt. „Das wichtigste nationale Interesse ist die europäische Einheit”, so hat es einmal der frühere Außenminister Joschka Fischer formuliert. Von dieser Idee haben wir schon viel umgesetzt: Wir haben es geschafft, den Nationalismus, der die Moderne geprägt, aber auch vergiftet hat, zu überwinden. Deshalb genießt Europa als Idee wie als reale Gemeinschaft ein unglaublich hohes Ansehen in der Welt.
Wunderbar finde ich, dass sich in Deutschland fast alle demokratischen Parteien, Verbände, Gewerkschaften und die Kirchen zur europäischen Idee bekennen. Sie alle gehören dem Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland an, dessen Vizepräsident ich seit vier Jahren bin. Ziel dieses Zusammenschlusses ist es, die europäische Einigung weiter vor anzutreiben. Eine seine tragenden Säulen ist die Europa-Union Deutschland, für die ich mich seit 1978 engagiere. Dieser parteiübergreifende Verband entwickelt Ideen und Projekte, wie sich Europa vor Ort vermitteln lässt.
Eine Aktivität des Netzwerks Europäische Bewegung, die mir sehr am Herzen liegt, ist der Wettbewerb bdquo;Europa in der Schule”. Jedes Jahr nehmen etwa 20.000 Jugendliche mit künstlerischen oder literarischen Beiträ gen daran teil. Hier können sie ihre Ideen zu Europa entwickeln und ihre Kreativität unter Beweis stellen — gemäß dem europäischen Motto „In Vielfalt geeint”.”
Axel Schäfer (SPD), Jahrgang 1952, ist seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages und dort ordentliches Mitglied des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Er ist europapolitischer Sprecher der SPD-Fraktion und stellvertretendes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der OSZE. 1994 bis 1999 war er Mitglied des Europäischen Parlaments. Dem Präsidium der Europa-Union Deutschland gehört er seit 1994 an. Seit 2003 ist er Vizepräsident des Netzwerks Europäische Bewegung Deutschland.
axel.schaefer@bundestag.de
www.axelschaefermdb.de
Europa in der Schule
Tolle Preise winken beim Europäischen Wettbewerb von „Europa in der Schule”, der jedes Jahr zeitgleich in 34
europäischen Staaten stattfindet — Reisen nach Berlin und Straßburg zum Beispiel. Dieses Jahr lautet das
Motto „Chancengleichheit für alle”. Organisiert wird er in Deutschland vom Zentrum für Europäische
Bildung (ZEB) im überparteilichen Netzwerk Europäische Bewegung Deutschland (EBD), dem rund 130 Organisationen aus fast allen gesellschaftlichen Bereichen angehören — auch die Europa-Union Deutschland, bei der jeder Mitglied
werden kann. Infos zu „Europa in der Schule” unter:
www.europaeischer-wettbewerb.de