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Informationen über dieses Dokument: Seitentitel: Kultur der Erinnerung
Gültig ab: 19.06.2008 10:19
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Kultur der Erinnerung

Chaldej: Sowjetflagge 1945 auf dem Reichstag.
Chaldej: Sowjetflagge 1945 auf dem Reichstag.
© Jewgeni Chaldej/voller Ernst

Holocaust
Stanislaw Jerzy Lec, der polnische Aphoristiker, schrieb, vor der Wirklichkeit könne man die Augen verschließen, „aber nicht vor der Erinnerung”. Viele Menschen versuchen das erst gar nicht. Sie pflegen vielmehr eine „Erinnerungskultur”, wie der stellvertretende israelische Botschafter Ilan Mor bei einem bewegenden Konzert zwischen den Betonstelen des Denkmals für die ermordeten Juden Europas sagte. Vor drei Jahren war es eröffnet worden, etwa acht Millionen Besucher wurden seitdem gezählt. Zum Jahrestag spielen 23 Musiker eine für diesen Anlass komponierte Klanginstallation mit dem Titel „Vor dem Verstummen”. Unter den mehr als 2.000 Zuhörern ist auch der Komponist Harald Weiss. Er will mit seinem Werk „die Stille verstärken, die uns zwischen dem Stelenfeld umgibt, so paradox das auch klingen mag”. Die Idee zu diesem ungewöhnlichen Jubiläumsakt hatte Jan-Daniel Girl vom Förderkreis für das Denkmal. „Ich hoffe, dass man junge Leute mit etwas Modernem wie einem Konzert dazu bringen kann, sich mehr mit der Geschichte auseinanderzusetzen”, sagt der 27-Jährige. Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse findet es faszinierend, wie ergriffen die Menschen dem Konzert gelauscht hätten. Er ist überzeugt, dass die Entscheidung des Bundestages für das Denkmal richtig gewesen sei. Es sei ein „Zeichen für das Selbstverständnis des neuen Deutschland”, das aus seiner Geschichte gelernt habe.
www.holocaust-denkmal-berlin.de

Chaldej: Sowjetischer Soldat im Mai 1945.
Chaldej: Sowjetischer Soldat im Mai 1945.
© Jewgeni Chaldej/voller Ernst
Kriegsende
Dieses Leitmotiv stimmt auch der Bundestagsabgeordnete und Staatsminister im Auswärtigen Amt Gernot Erler am 8. Mai im Martin- Gropius-Bau an. Hier, in Nachbarschaft zu den Resten der zerstörten NSTerrorzentrale, sind Deutsche und Russen zur Eröffnung einer Ausstellung mit rund 200 Aufnahmen des russischen Kriegsfotografen Jewgeni Chaldej zusammengekommen. Sein berühmtestes Bild zeigt, wie Soldaten der Roten Armee auf dem Reichstag die Sowjetflagge hissen. Die Aufnahme ist gestellt, Details sind einmontiert. Dennoch wurde sie zum Symbol des Sieges über Nazideutschland. Erler versichert: „Wir werden dieses dunkle und tragische Kapitel im Verhältnis unserer beiden Länder nie vergessen.” Der russische Botschafter Wladimir Kotenew ergänzt: „Wer von seiner Vergangenheit nichts wissen will, hat auch keine Zukunft.” Aus Moskau sind die Tochter Chaldejs sowie einige Kriegsveteranen gekommen. Anna Chaldej, im dunkelblauen Kostüm mit hellen Punkten, berichtet, ihr Vater habe zu fast jedem Foto eine kleine Geschichte erzählen können. Ernst Volland, Chaldejs deutscher Entdecker und Sammler, betont dessen Fähigkeit, seine Bilder zu komponieren, „auch unter schwierigsten Umständen, mit Tod, Leid und Geahr um ihn herum”. Bis 28. Juli kann die Ausstellung besucht werden, die Öffnungszeiten finden Sie unter folgendem Link.
www.chaldej.de

Zerstörung der Demokratie
Ihren Ausgang nahm die Katastrophe zwölf Jahre früher. In einer Gedenkstunde erinnerte der Bundestag im April an „Die Zerstörung der Demokratie in Deutschland vor 75 Jahren” durch die Nationalsozialisten. Bundestagspräsident Norbert Lammert rief in seiner Rede die Verbrechen nach der Machtergreifung Hitlers ins Gedächtnis: das Ermächtigungsgesetz, für das der Reichstagsbrand als Vorwand diente, die Bücherverbrennungen, die Zerschlagung von Parteien und Gewerkschaften. Den Boykott jüdischer Geschäfte und die per Gesetz dekretierte Versetzung sogenannter „nicht-arischer” Beamter in den Ruhestand bezeichnete Lammert als „unübersehbares Fanal einer brutalen Ausgrenzung”. Dass Berlin nicht Weimar sei, so wie Bonn nie Weimar wurde, manifestiere sich in dem großen Konsens, mit dem heute im deutschen Parlament auf das Jahr 1933 und seine Lektionen zurückgeblickt werde. Eine Dokumentation der Gedenkstunde ist ab Juni beim Referat Öffentlichkeitsarbeit erhältlich. 


Eine Taube unter der Reichstagskuppel.
Eine Taube unter der Reichstagskuppel.
© Olga Zasukhina

Auf Entdeckungstour
im Bundestag: Beim Fotowettbewerb im Rahmen des Internationalen Parlaments- Stipendiums (IPS) haben 19 Stipendiaten das Parlament mit der Kamera erkundet. Die Jury — Abgeordnete der Berichterstattergruppe für Internationale Austauschprogramme — hat 17 Bilder ausgewählt, die auf Monitorwänden in Bundestagsgebäuden und im Internet präsentiert werden. Drei von der Jury gekürten Preisträgern überreichte Bundestagspräsident Norbert Lammert eine Urkunde und einen Bundestagsbildband: Iryna Mastsitskaya (Belarus), Adrijana Hanusic (Bosnien und Herzegowina) und Olga Zasukhina (Russland), deren Foto links abgebildet ist. Im Rahmen des IPS-Programms lernen jedes Jahr politisch interessierte Teilnehmer aus derzeit 26 Ländern die Arbeit in einem Abgeordnetenbüro kennen.
 
www.bundestag.de/ips

Erschienen am 18. Juni 2008


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