Die politische Laufbahn von
Japans Regierungschef Yasuo
Fukuda begann 1990 mit
seiner ersten Wahl ins Unterhaus.
Er hatte sich überreden lassen, seine
erfolgreiche Tätigkeit in der Wirtschaft
aufzugeben und in die Fußstapfen seines
Vaters Takeo Fukuda zu treten, der sich
aus der Politik zurückziehen wollte. Fukuda
junior wurde auf Anhieb gewählt,
„beerbte” also seinen Vater als Abgeordneten.
Papa Fukuda saß seit 1952 im Unterhaus,
war mehrfach Minister und
schließlich
Ministerpräsident
(1976 bis 1978). Er war übrigens der erste Regierungschef,
der aus der Provinz Gumma
nordwestlich von Tokyo stammte. Sein
Sohn, der jetzige Amtsinhaber, ist nun
schon der vierte! Erstaunlich in so kurzer
Zeit, wenn man bedenkt, dass Japan
aus 46 Provinzen besteht.
Zwei der Gumma-Premiers kamen
sogar aus demselben Wahlkreis, Fukuda
senior und Yasuhiro Nakasone, Regierungschef
von 1982 bis 1987. Auch die
beiden anderen, Keizo Obuchi (1998 bis
2000) und Fukuda junior, vertraten zuerst
den alten Wahlkreis Gumma 3. Damals
gab es nur Wahlkreise mit mehreren
Mandaten.
Erst die Wahlrechtsreform
von
1994 führte Einzelwahlkreise
und eine
Zweitstimme für regionale
Parteilisten
ein. Anders als in Deutschland
hat das Abschneiden
der Parteien
bei den Zweitstimmen
aber keinen Einfluss auf die Anzahl
und Verteilung
der Direktmandate.
Bei den letzten Wahlen 2005 waren 480
Mandate zu vergeben, davon 300 in Einzelwahlkreisen
und 180 über regionale
Parteilisten. Yasuo Fukuda vertrat längst exklusiv seinen jetzigen Wahlkreis Gumma 4, als das Unterhaus ihn im September
2007 zum Ministerpräsidenten wählte. Und Keizo Obuchi war der Abgeordnete von Gumma 5, als er im Mai 2000 an
den Folgen
eines Schlaganfalls starb.
Obuchis Tochter
Yuko, 26 Jahre alt und
politisch bis dahin überhaupt nicht hervorgetreten,
kandidierte bei den Wahlen
im Juni 2000 — und gewann souverän.
Kürzlich wurde gemeldet, Yuko habe einen
Sohn geboren. Ob der wohl eines
Tages als Obuchi der dritten Generation
ins Unterhaus einzieht?
So wie es schon Japans vorletzter Regierungschef
Junichiro Koizumi vorgemacht
hat, in der Hafenstadt Yokosuka,
deren Wahlkreis
erstmals von seinem
Großvater
und späteren Postminister
erobert worden war und von Koizumis
Vater, Staatsminister
für Verteidigung, als „Familienerbe”
weitergeführt wurde. Fukudas Regierung besteht zur Hälfte
aus „erblichen” Abgeordneten zumindest
der zweiten Generation. Das gilt auch
für 32 der 242 Oberhausabgeordneten
und für 146 der 480 Mitglieder des
Unterhauses, darunter auch „Erbsünder”
aus dem Oppositionslager. Japans Parlament ist zweifellos ein ziemlicher Familienklüngel.
Text: Gebhard Hielscher, Tokyo
Erschienen am 13. August 2008
Kokkai heißt das aus Oberhaus
und Unterhaus bestehende japanische Parlament.
www.shugiin.go.jp
www.sangiin.go.jp