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Informationen über dieses Dokument: Seitentitel: Safari und Stille
Gültig ab: 17.09.2008 10:19
Autor: Sebastian Kreideweiß
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Safari und Stille

Begegnungen im Parlamentsviertel

Feierstunde des Bundestages im Lichthof des Bonner Museums Alexander Koenig, im Vordergrund ausgestopfte Tiere

© Picture-Alliance/dpa/Felix Heyder

Auf einer Safari
wähnte sich womöglich so mancher Gast Anfang September im Bonner Museum König bei der Feierstunde des Bundestages zum 60. Jahrestag der Eröffnung des Parlamentarischen Rates. Den Lichthof des naturkundlichen Museums bevölkern wie schon 1948 ausgestopfte Zebras, Elefanten und Giraffen — damals standen sie allerdings hinter Vorhängen. Als Festredner war der französische Politologe Alfred Grosser geladen. Er betonte im Anschluss an die Rede von Bundestagspräsident Norbert Lammert die Wertorientierung des Grundgesetzes, das 1948/49 in der achtmonatigen Arbeit des Parlamentarischen Rates entstand: „Die Bundesrepublik ist in Wirklichkeit nicht im Hinblick auf die Nation gegründet worden, sondern im Namen einer politischen Ethik der Freiheit”, sagte Grosser.

Stille in der Großstadt
Die Politik macht Pause, die Touristen beherrschen das Bild in der Hauptstadt. Wer dem touristischen Trubel entkommen will, kann sich in einem „Raum der Stille” im Brandenburger Tor für einige Minuten besinnen. Der etwa 30 Quadratmeter große Raum ist leicht abgedunkelt, nur durch einen der beiden hellen Vorhänge dringt Licht von außen. Ein Punktstrahler beleuchtet einen braunen Webteppich an der Stirnwand. Oft ist man einziger Besucher hier. Einige Menschen kommen neugierig in den Vorraum, lesen die Beschreibung, gehen wieder. Christa Schwabe ist eine der vielen ehrenamtlichen Betreuerinnen, die Auskunft geben und Broschüren in 21 Sprachen anbieten. Sie kommt einmal im Monat, geht „je nach persönlicher Stimmung” auch mal selbst in den Raum. Christiane und Georg Grimm aus Pörtschach am Wörthersee sind auf dem Weg vom Reichstagsgebäude zurück zu ihrem Bus hierher gekommen. „Stille und Besinnung, das tut in diesen Zeiten gut”, meint Georg Grimm. Seine Frau ergänzt, hier stehe man auf historischem Boden, direkt an der früheren Grenze zwischen Ost und West. „Unseren Kindern ist zu wünschen, dass ihnen die Turbulenzen, die dieses Tor verkörpert, erspart bleiben.”

Verfolgte des NS-Regimes
Ein Stückchen weiter südlich, am Rande des Tiergartens, steht eine graue Betonstele, die denen des gegenüberliegenden Denkmals für die ermordeten Juden Europas nachempfunden ist. Ein paar Tage zuvor haben Unbekannte das Fenster zerschlagen, hinter dem vorher ein küssendes Männerpaar zu sehen war. Die meisten Spaziergänger gehen achtlos vorüber, nicht aber Malika und Bernd Amlung, eine Französin und ein Deutscher. Er, der in Amerika für eine deutsche Großbank arbeitet, findet es wie seine Frau richtig, dass auch den im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen ein Denkmal gesetzt wurde. Ein anderer Erinnerungsort soll erst noch entstehen. Hinter einem Metallgitterzaun an einem Weg im Tiergarten wird der Bau des nationalen Denkmals für die ermordeten Sinti und Roma angekündigt. Florrie Tegtmeyer und Tabe Sander studieren den Text. Sie besuchen die elfte Klasse eines Gymnasiums in München. Beide meinen, es sei gut, dass auch der ermordeten Sinti und Roma gedacht werde. In der Schule sei dieses Thema nicht gerade vertieft behandelt worden.

Europa in Berlin
Auf dem Boulevard „Unter den Linden” hat die Europäische Kommission ein Informationsbüro, den „Europa-Punkt”, eingerichtet. Anna Straka und Thomas Schaal aus Düsseldorf stöbern in dem Behälter, in dem Miniausgaben der Grundrechte-Charta der EU in den 23 Amtssprachen zu finden sind. Anna, die gebürtige Polin, lebt seit 20 Jahren in Deutschland. Sie haben Freunde in Osteuropa und suchen die Büchlein in den passenden Sprachen. Thierry Monasse, ein in Brüssel lebender Franzose, macht hier eine Pause. Der freiberufliche Fotograf arbeitet an einer Reportage über die ehemalige innerdeutsche Grenze zwischen Hof und Lübeck. Seine nächste Station ist der frühere Checkpoint Charlie. In seiner Kameratasche hat er einen knallgrünen Spielzeugtrabi, der auf allen seinen Fotos zu sehen sein wird.

Zwei Männer vor dem Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
© Caro/Trappe
Am Reichstagsgebäude
Ganz in der Nähe des Reichstagsgebäudes erinnern 96 hochkant aufgestellte gebrochene Tafeln aus Eisenguss an die von den Nationalsozialisten ermordeten Reichstagsabgeordneten. Zwei Studenten, die Berlinerin Janine Heinrich und Robert Parker aus Sheffield, studieren die Inschriften auf den Oberkanten der Platten. Es sind die Namen, Daten und Sterbeorte der Ermorderten.

Auch Susanne Bolliger und Hans-Ruedi Hüppi aus Zürich kommen aus dem Reichstagsgebäude hierher. Sie hatten Glück, ohne Anmeldung an einer Führung teilnehmen zu können, und sind ganz begeistert über den Vortrag im Plenarsaal. Am Denkmal für die ermordeten Reichstagsabgeordneten werden bei Susanne Böllinger, der in Deutschland geborenen und aufgewachsenen Endvierzigerin, Erinnerungen wach — an ihre Eltern, an den Großvater, der 1939 in Russland verhungert ist. Die Großmutter habe sich und ihre Kinder allein durchbringen müssen. „Wie ist es möglich, dass die Nazis so viel Macht bekommen haben, dass nicht mehr Leute gegen sie aufgestanden sind?”, fragt sie sich bei der Betrachtung der Erinnerungstafeln. Aber sie sei auch stolz, dass Deutschland so an seiner Vergangenheit arbeite. 

Text: Klaus Lantermann
Erschienen am 24. September 2008


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