Brigitte Rubbel arbeitet beim Parlamentsassistenzdienst. Wenn sie davon redet, klingt es, als wollte sie da schon immer hin.
Vor nicht allzu langer Zeit
noch konnte man manchmal
Brigitte Rubbel sehen,
wie sie auf der obersten
Treppenstufe zum Eingang Ost des Reichstagsgebäudes
steht, vor ihr der Präsident
und die Protokollchefin des Bundestages,
und wartet. Blieb man geduldig, ließ sich
beobachten, wie dann ein Auto vorfuhr,
aus dem hoher Staatsbesuch stieg, der zuerst
willkommen geheißen und dann ins
Büro des Präsidenten geführt wurde. Vornweg
auf dem Weg durch das Hohe Haus
lief dann Brigitte Rubbel, Wegweiserin
und Wegbereiterin im blauen Frackkostüm.
So schreibt es das Protokoll vor. Man
kann also sagen, dass sogar der Dalai
Lama Brigitte Rubbel schon einmal hinterherlief.
Und das ist nicht frivol gemeint.
Als die heute 48-jährige Wiesbadenerin 2001 beim Referat ZT 4, dem Plenar- und Ausschussassistenzdienst, anfing
zu arbeiten, hatte sie schon Bundestagserfahrung.
Aber sie konnte da noch nicht wissen, dass sie nun in einen Bereich
gekommen war, in dem sie nicht
nur bleiben, sondern sich auch richtig gut
fühlen würde. Anfänge sind immer mit
Unwägbarkeit verbunden. Obwohl: Ein
gutes Gefühl hatte Brigitte Rubbel schon.
Die Menschen hier gefielen ihr, das Klima
war gut, es schien, als ließe sich so gut arbeiten
und vor allem zusammenarbeiten.
2001 war Brigitte Rubbel 40 Jahre
alt, und die Entscheidung, gemeinsam
mit ihrer Familie von Bonn nach Berlin
zu gehen, musste noch auf Tauglichkeit
geprüft werden. Der Ehemann arbeitet
ebenfalls beim Bundestag, und es lag
nahe, in die neue Hauptstadt zu gehen,
aber es war auch kein kleiner Schritt, mit
zwei Kindern und allem Hausrat aufzubrechen,
um woanders anzukommen. Die
ausgebildete Zahnarzthelferin hatte zwar
Respekt davor, aber keine Bedenken, dass
es gelingen würde. Eine tolle Familie ist
immer gutes Hinterland für solche Zeiten.
Eine kleine Verwandlung
Begonnen hat Brigitte Rubbel beim Deutschen
Bundestag im Personalreferat bei der sogenannten „Abwesenheitsstelle”.
Das ist schon ein seltsamer Begriff für die Bearbeitung von Urlaubsanträgen,
den es inzwischen nicht mehr gibt. Mit dem Umzug nach Berlin kam dann der
Wechsel in den Plenar- und Ausschussassistenzdienst, halbtags zuerst, der Kinder
wegen. Aber klar war schon, dass es vorwärts und aufwärts gehen sollte. Also
besuchte Brigitte Rubbel einen Angestelltenlehrgang, um den Einstieg in den mittleren
Dienst zu schaffen. Und sie bekam als Plenarassistentin die Aufgabe, sich um die protokollarische Betreuung der
Gäste des Bundestagspräsidenten zu kümmern. So kam es, dass man sie vor dem Eingang Ost auf der obersten Treppenstufe
sehen konnte.
Protokoll, das ist immer auch Ritual,
die Dinge haben nach strengen Vorgaben abzulaufen. Das ist eine Frage der Höflichkeit und der Außenwirkung. Und prägt auch die Arbeit der Plenarassistenten. Wenn Brigitte Rubbel — blond, schlank, gepflegt und überhaupt
gut anzusehen — ins blaue Frackkostüm steigt, wird aus ihr kein anderer Mensch,
aber es geschieht doch eine kleine Verwandlung. Und so kommt es, wenn sie doch mal mit rotem Pullover und heller
Hose durch den Bundestag läuft, dass jemand sagt: „Huch, Frau Rubbel, fast
hätte ich Sie nicht erkannt.” Das geschehe aber immer seltener, sagt sie, schließlich
sei sie viel unterwegs in den Häusern und nun schon eine Weile dabei.
Zurzeit vertritt Brigitte Rubbel als stellvertretende Leiterin des Teilsachbereichs Plenar- und Ausschussassistenzdienst
ihren Chef, der erkrankt ist. Heißt, sie sorgt dafür, dass 68 Menschen immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind,
als Verbindung zwischen dem Plenarsaal und der Außenwelt wirken, den Abgeordneten das Arbeiten erleichtern, bei
den Ausschusssitzungen genauso wie an Plenartagen.
Text: Kathrin Gerlof
Erschienen am 24. September 2008