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Das Internet bietet ein großes Potenzial für Menschen mit Behinderungen. In dieser Einschätzung herrschte am Montag, 19. September 2011, Einigkeit unter den zu einem öffentlichen Gespräch des Unterausschusses Neue Medien des Ausschusses für Kultur und Medien geladenen Experten. Um dieses Potenzial nutzen zu können, muss nach Ansicht der Sachverständigen jedoch der barrierefreie Zugang zum Netz gewährleistet sein. Hierbei gebe es jedoch noch teils enormen Nachholbedarf, hieß es in dem Gespräch unter Vorsitz von Sebastian Blumenthal (FDP).
Die Sitzung wird zeitversetzt im Parlamentsfernsehen und im Web-TV auf www.bundestag.de am Mittwoch, 21. September, ab 10 Uhr übertragen. In der Mediathek des Bundestages ist auch eine barrierefreie Videofassung mit Untertitelungen für Hörgeschädigte abrufbar.
Benötigt werde die barrierefreie Aufbereitung von Informationen wie etwa PDFs, sagte Thomas Hänsgen, Geschäftsführer der Online-Plattform "barrierefrei kommunizieren". Um eine sinnvolle Inklusion möglich zu machen, müssten zudem Intranet und Software barrierefrei sein, forderte er. Ansonsten, so Hänsgen, bekämen blinde Arbeitnehmer Probleme mit der internen Software von Unternehmen. Gleiches gelte für körperbehinderte Schüler, wenn nicht barrierefreie Lernsoftware im Unterricht eingesetzt wird.
Hänsgen kritisierte, dass der Entwurf der Barrierefreien Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) noch immer nicht vorliege. Außerdem gelte die BITV nur in öffentlichen Einrichtungen und enthalte keine Sanktionsmöglichkeiten. Wann der Entwurf zur BITV 2.0 vorliegen werde konnte auch Hubert Hüppe, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, nicht sagen. Er kündigte vor dem Unterausschuss jedoch an, bei der Bundesregierung erneut auf eine schnellstmögliche Vorlage zu dringen.
 Die BITV 2.0 komme drei Jahre zu spät und sei zudem unnötig, sagte Klaus-Peter Wegge, Leiter des Siemens Accessibility Competence Centers. Aktuelle technische Regeln zur Barrierefreiheit des Internets seien seit 2008 durch die Web Content Accessibility Guidelines 2.0 "weltweit anerkannt und abgestimmt".
Für davon abweichende nationale Regelungen habe er kein Verständnis, sagte Wegge. Es sei aus Sicht der Nutzer eines weltweiten Netzes nicht verständlich, warum es national unterschiedliche Regelungen zur Barrierefreiheit geben solle. Kritik übte Wegge auch daran, dass im Telekommunikationsgesetz "keine Passage zur Barrierefreiheit enthalten ist".
Die Verordnung könne ein wichtiger Meilenstein werden, urteilte hingegen Klemens Kruse, Geschäftsführer des Bundeskompetenzzentrums Barrierefreiheit. Es werde jedoch darauf ankommen, die Anforderungen der BITV 2.0 auch in den Ländern sowie in den unter Beteiligung der öffentlichen Hand geführten Unternehmen einheitlich umzusetzen.
Eine europäische Vereinheitlichung der Normierung begrüße er, so Kruse. Dabei dürfe man jedoch nicht hinter die derzeitigen Standards zurückfallen. Auf Nachfrage sagte Kruse, dass alle Gruppen der Menschen mit Behinderung von einem barrierefreien Internet profitieren könnten. "Ein klar strukturiertes Internet", so der Geschäftsführer des Bundeskompetenzzentrums Barrierefreiheit, "hilft uns doch allen."
Rechtliche Anpassungen der Mediengesetze der Länder, mit dem Ziel, die Barrierefreiheit stärker zu verankern, sind nach Ansicht von Niels Rasmussen, Vorsitzender der ARD-Projektgruppe "Barrierefreier Rundfunkzugang" nicht nötig. Die ARD habe schon 2004 eine Selbstverpflichtung abgegeben, in der sie sich zur Barrierefreiheit bekannt habe. Vor wenigen Tagen hätten die Intendanten der ARD zudem "einen signifikanten Ausbau barrierefreier Angebote insbesondere im Ersten Deutschen Fernsehen" bekannt gegeben, sagte Rasmussen.
So solle bis Ende 2013 Das Erste möglichst vollständig untertitelt werden und auch der Anteil audiodeskribierter Sendungen deutlich ausgebaut werden. Dies werde unmittelbar auch zu einem höheren Anteil untertitelter und audiodeskribierter Videos in den Online-Angeboten der ARD führen, kündigte er an. Problematisch, so räumte Rasmussen ein, sei es jedoch, Gesprächsrunden ebenso wie aktuelle Nachrichten barrierefrei zu gestalten.
Darüber hinaus hat der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Hubert Hüppe, an der Sitzung teilgenommen.