Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Web- und Textarchiv > 2010 > Konjunkturprogramme
Ein Wirtschaftswachstum von drei Prozent und mehr. Arbeitslosenzahlen von drei Millionen und eventuell weniger. Die Konjunktur in Deutschland boomt. Diese überraschend gute Wirtschaftsentwicklung, so schreibt die SPD-Fraktion in den Vorbemerkungen zu einer Großen Anfrage an die Bundesregierung (17/1616), stütze sich "in erheblichem Maße auf die in Deutschland und weltweit auf den Weg gebrachten Konjunkturprogramme". Der Bundestag erörtert die Große Anfrage am Freitag, 8. Oktober 2010, ab 10.25 Uhr in einer 75-minütigen Debatte.
So hätte sich beispielsweise als Folge der von der Großen Koalition beschlossenen Abwrackprämie der Automobilmarkt verstetigt, wodurch "wichtige Arbeitsplätze gesichert und klein- und mittelständische Unternehmen gestärkt werden konnten", heißt es von den Sozialdemokraten.
Zudem habe man mit den Maßnahmen für den erleichterten Bezug von Kurzarbeitergeld dafür gesorgt, dass die Auswirkungen der Rezession auf dem Arbeitsmarkt gedämpft wurden und viele Entlassungen verhindert werden konnten.
Grundsätzlich teilt Bundesregierung diese Ansicht, wie aus ihrer Antwort (17/2568) hervorgeht. "Umfassende Maßnahmenpakete der Bundesregierung zur Finanzmarktstabilisierung einerseits und zur Konjunkturstützung andererseits" hätten zu der positiven Entwicklung beigetragen, heißt es in der Antwort der Regierung.
Darin wird auch auf die sich weiter entspannende Lage im Finanzsektor verwiesen. Für eine breiter angelegte Kreditklemme gebe es gegenwärtig keine konkreten Anhaltspunkte, schreibt die Regierung. Die Bundesbank habe dies zuletzt in ihrem Monatsbericht vom Mai 2010 festgestellt.
Das bewertet die SPD-Fraktion anders. Es sei gegenwärtig absehbar, dass sich die Schwierigkeiten in der Unternehmensfinanzierung fortsetzen oder sogar noch verschärfen werden. Die staatliche Förderbank KfW-Bankengruppe habe aktuell sehr deutlich auf eine mögliche Kreditklemme bei den Unternehmen aufmerksam gemacht.
Zugleich warnen die Sozialdemokraten vor einem "Wegbrechen der öffentlichen Investitionen im kommunalen Bereich spätestens ab 2011 in erheblichem Umfang". Die Bundesregierung, so schlussfolgert die SPD-Fraktion, müsse aus dem Auslaufen der zusätzlichen Investitionsmaßnahmen Ende 2010 Konsequenzen ziehen, um einer drohenden Schwächung der Binnennachfrage vorzubeugen.
Benötigt werde ein Gesamtkonzept, um einen Einbruch der Konjunktur nach Auslaufen der Maßnahmen aus den Konjunkturpaketen Ende 2010 zu vermeiden.
Eine Weiterführung der konjunkturellen Hilfen lehnt die Bundesregierung jedoch ab. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) hatte schon während der Debatte zum Etatentwurf seines Ministeriums deutlich gemacht, dass es an der Zeit sei, "die Rettungsschirme zu schließen".
In der Antwort der Bundesregierung auf die SPD-Anfrage wird darauf verwiesen, dass bei einer Verlängerung dieser Maßnahmen auch im konjunkturellen Aufschwung die Gefahren von "Wettbewerbsverzerrungen und strukturellen Verkrustungen" wachsen würden.
Unternehmen, die die Krise ohne Hilfe bewältigt hätte, würden gegenüber denjenigen benachteiligt, die über den Konjunktureinbruch hinaus auch im Aufschwung dauerhaft Hilfe erhielten. Dies könne auch die Vorsorge der Unternehmen für künftige konjunkturelle Abschwünge schwächen.
Auch im Interesse der Sicherung des Vertrauens in die Solidität und die Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen leitet die Bundesregierung "konsequent den Rückzug aus der expansiven Fiskalpolitik" ein. Eine antizyklische Fiskalpolitik dürfe nicht auf halbem Wege stehen bleiben.
"Die hohen Haushaltsdefizite, die zur Abwehr der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg unumgänglich waren, müssen nun entsprechend wieder zurückgeführt werden", heißt es in der Antwort. (hau)