Navigationspfad: Startseite > Dokumente > Datenhandbuch > 1. Bundestagswahlen > 1.17 Nachwahlen
Stand: 31.3.2010
Der 7. Abschnitt des Bundeswahlgesetzes in der Fassung vom 23. Juli 1993 (BGBl. I S. 1288, 1594), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 17. März 2008 (BGBl. I S. 394), enthält besondere Vorschriften für Nachwahlen. In § 43 Bundeswahlgesetz heißt es:
- Eine Nachwahl findet statt,
- wenn in einem Wahlkreis oder in einem Wahlbezirk die Wahl nicht durchgeführt worden ist,
- wenn ein Wahlkreisbewerber nach der Zulassung des Kreiswahlvorschlages, aber noch vor der Wahl stirbt.
- Die Nachwahl soll im Fall des Absatzes 1 Nr. 1 spätestens drei Wochen nach dem Tag der Hauptwahl stattfinden. Im Fall des Absatzes 1 Nr. 2 kann sie am Tag der Hauptwahl stattfinden; sie soll spätestens sechs Wochen nach dem Tag der Hauptwahl stattfinden. Den Tag der Nachwahl bestimmt der Landeswahlleiter.
- Die Nachwahl findet nach denselben Vorschriften und auf denselben Grundlagen wie die Hauptwahl statt.
- Im Fall einer Nachwahl ist das vorläufige Ergebnis der Hauptwahl unmittelbar im Anschluss an die Wahlhandlung der Hauptwahl auf der Grundlage der erfolgten Stimmabgaben zu ermitteln, festzustellen und bekannt zu geben.
Eine Nachwahl findet nach denselben Vorschriften wie die Hauptwahl statt. Grundsätzlich sind alle Vorschriften des Bundeswahlgesetzes, der Bundeswahlordnung und der Bundeswahlgeräteordnung, wie sie zur Hauptwahl bestanden haben, gültig. Der Landeswahlleiter kann notwendige Regelungen zur Anpassung des Nachwahlverfahrens an besondere Verhältnisse treffen1.
Von der Regelung der Nachwahl ist bislang in folgenden Fällen Gebrauch gemacht worden:
Lfd. Nr. | Wahl zur | Datum der Bundestags- wahl | Datum der Nachwahl | Wahlkreis (ggf. Wahlbezirk) | Grund der Nachwahl |
---|---|---|---|---|---|
1 | 4. WP | 17.9.1961 | 1.10.1961 | 151 Cochem | Tod des Wahlkreisbewerbers Fritz Klein (SPD) |
2 | 5. WP | 19 9.1965 | 3.10.1965 | 135 Obertaunuskreis | Tod des Wahlkreisbewerbers Erich Henz (AUD2) |
3 | 19 9.1965 | 3.10.1965 | 236 Schweinfurt | Tod des Wahlkreisbewerbers Ernst Meier (DFU3) | |
4 | 11. WP | 25.1.1987 | 1.2.1987 | Großgerau (Wahlbezirk Nr. 5 [Okrifteler Straße der Stadt Mörfelden Walldorf]) | Zerstörung der Wahlurne am Wahltag um 17.45 Uhr durch einen Molotowcocktail |
5 | 15. WP | 22.9.2002 | 22.9.2002 | 295 Sigmaringen | Tod des Wahlkreisbewerbers Dietmar Schlee (CDU) |
6 | 22.9.2002 | 22.9.2002 | 230 Passau | Tod des Wahlkreisbewerbers Maic-Roland Muth (PDS) | |
7 | 16. WP | 18.9.2005 | 2.10.2005 | 160 Dresden (I) | Tod der Wahlkreisbewerberin Kerstin Lorenz (NPD) |
Bei der Nachwahl 1961 handelte es sich um den ersten Fall, so dass deren Ergebnisse mit besonderem Interesse erwartet worden sind. Der Bundeswahlleiter erklärte dazu u. a.:
Die zunächst befürchtete starke Verminderung der Wahlbeteiligung ist nicht eingetreten. [...] In bezug auf die Stimmabgabe haben sich dieselben Tendenzen gezeigt wie im übrigen Wahlgebiet, [...] Besonders wenig Stimmen haben die für die Sitzverteilung nicht in Frage kommenden Parteien erhalten. Ihre Anhänger sind offenbar entweder der Wahl ferngeblieben, oder haben es vorgezogen, ihre Stimmen den im Bundestag vertretenen größeren Parteien zu geben. Für die Bekanntgabe einer vorläufigen Sitzverteilung in der Wahlnacht wurde die Stimmabgabe im Wahlkreis 151 geschätzt (das Wahlergebnis 1957 eingesetzt).4
Auch bei der Nachwahl 1965 wurden für die Berechnung der vorläufigen Sitzverteilung die Stimmen aus der Bundestagswahl von 1961 verwendet.5
Bei den zur Bundestagswahl 2002 erforderlich gewordenen Nachwahlen war es möglich, den Nachwahltermin auf den Termin der Hauptwahl zu legen.
Für die Nachwahl im Dresdner Wahlkreis 160 im Jahre 2005 stellte Infratest dimap in seinem „Wahlreport Bundestagswahl 2005“ (S. 13f.) unter Kenntnis des Wahlergebnisses vom 18. Spetember 2005 ein ausdifferenziertes wahltaktisches Verhalten fest:
- […] Das Nachwahlergebnis fällt in zweierlei Hinsicht aus dem Rahmen. Wahrend die Wahlbeteiligung in fast allen anderen ostdeutschen Wahlkreisen über der von 2002 lag […], fiel sie im Wahlkreis 160 mit -3,7 Punkten deutlich zurück – eine Folge nicht zuletzt des Umstandes, dass die Nachwahl keinen Einfluss mehr auf die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag hatte.
- Auffallend ist darüber hinaus das Erst- und Zweitstimmenergebnis im Nachwahlkreis für CDU und FDP. Nicht ungewöhnlich für die Union erzielte der siegreiche CDU-Kandidat wesentlich mehr Erststimmen als seine Partei Zweitstimmen. Allerdings fiel sein Erststimmenvorsprung mit 12,6 Punkten sowohl im ost- wie im gesamtdeutschen Vergleichsmaßstab überdeutlich aus. Gleichzeitig verbuchte die FDP für sich in Dresden I den bundesweit höchsten Zweitstimmenanteil und den höchsten Zuwachs in einem Wahlkreis.
1 Vgl. dazu Wolfgang Schreiber, Handbuch des Wahlrechts zum Deutschen Bundestag. Kommentar zum Bundeswahlgesetz, Köln, 8., vollständig neu bearb. Aufl. 2009, S. 666 – 676.
2 Aktionsgemeinschaft Unabhängiger Deutscher (AUD).
3 Deutsche Friedens-Union (DFU).
4 Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.), Wahlen zum 4. Deutschen Bundestag am 17. September 1961. Textliche Auswertung der Wahlergebnisse, Fachserie A: Bevölkerung und Kultur, Reihe 8, H. 4, Stuttgart / Mainz 1961, S. 14.
5 Vgl. Statistisches Bundesamt Wiesbaden (Hrsg.), Wahlen zum 5. Deutschen Bundestag am 19. September 1965. Vorläufige Ergebnisse nach Wahlkreisen, Fachserie A: Bevölkerung und Kultur, Reihe 8, H. 4, Stuttgart / Mainz 1965, S. 14.